© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 13/16 / 25. März 2016

Mit der Politik überfordert
Griechenland: Ungebremster Flüchtlingszustrom, Streiks und Rücktrittsforderungen setzen die Regierung Tsipras unter Druck
Panayotis Doumas

Brennpunkt Idomeni. Ganz Europa schaut auf die mehr als 13.000 Flüchlinge, die in der nordgriechischen Region Zentralmakedonien ausharren und via Mazedonien ihre Reise gen Norden durchsetzen wollen. Mit legalem oder illegalem Grenzübetritt. Bei letzterem hatte vergangene Woche eine Gruppe griechischer Linksextremer, die sich den Bauern von Idomeni als Solidaritätsinitiative („Allilegii“) vorstellten, nach Angaben des Fernsehsenders „Antenna“ eine Broschüre mit arabischem Text und einer Karte mit Hinweisen für den Grenzübertritt gedruckt und verteilt. Die Gruppe befestigte demnach im Abstand von 50 Metern Signale und Schilder auf Bäumen, die zum Grenzfluß führten. Nach Angaben des Privatsenders ANT1 wurde dabei ein 24jähriger Autonomer aus Thessaloniki von Polizeikräften auf frischer Tat ertappt und festgenommen. Bei der Durchsuchung seines Autos wurden mehrere Broschüren gefunden, sowie  eine geringe Menge von Drogen. 

Disput um „Mazedonien“ erschwert Kooperation 

Diese linksextreme Gruppe existiert seit cirka acht Jahren und ist verantwortlich für verschiedene Solidaritätsaktionen für Einwanderer. Dabei nutzen die „Solidarischen“ die politische Immunität an den griechischen Universitäten für ihre Arbeit.

Doch in Griechenland selbst sorgte dies nicht für Schlagzeilen. Sondern die Tatsache, daß der für die Migrationspolitik zuständige stellvertretende Innenminister Jannis Mouzalas (Syriza)  während eines Fernsehinterviews nicht politisch-korrekt von der Ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien (Uno-Kurzbezeichnung: FYROM) sprach, sondern schlicht und einfach von Mazedonien. 

Ein Skandal. Denn Athen erkennt den Verfassungsnamen „Republik Mazedonien“ nicht an und verweist in diesem Kontext auf seine eigene Region namens Makedonien. Das Verhältnis zwischen beiden Staaten ist aufgrund unterschiedlicher Ansprüche belastet. Eine enge Kooperation in der Flüchtlingsfrage kommt so nicht zustande. Es überwiegen Nadelstiche. 

Entsprechend forderte Verteidigungsminister Panos Kammenos von dem rechtspopulistischen Regierungspartner ANEL den sofortigen Rücktritt Mouzalas’. Auch die konservative Oppositionspartei Nea Dimokratia zeigte sich entsetzt und sieht die Athener Koalitionsregierung gerade in bezug zur Flüchtlingsproblematik „überfordert“.

Und die Probleme nehmen weiter zu.  Parallel zur nicht abebbenden Flüchtlingskrise sorgen die seit Januar andauernden Streiks von Rechtsanwälten, die Blockaden der Bauern, die schwierigen Verhandlungen mit den internationalen Geldgebern für Unmut in der Bevölkerung und Rechenspielen der Parteien.  Neuwahlen sind bereits in aller Munde. 

Vor allen Dingen aber betrachten die Griechen – unabhängig von der politischen Präferenz – das Verhalten der anderen Europäer in der Flüchtlingsfrage als unsolidarisch, unfair und ungererecht. Griechenland habe nun mal keine Grenze mit Belgien oder der Schweiz, sondern mit der Türkei und vom Meer her mit dem ganzen Nahen Osten. Dies müßten die Verantwortlichen in der EU und vor allem in Deutschland endlich berücksichtigen. Immer wieder wird auf der Straße die Frage gestellt, warum nun die Türkei die Toleranz des ganzen Westens genießt, ohne kulturell mit ihm verbunden zu sein.