© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 14/16 / 01. April 2016

Maas gegen zwingende lebenslange Haft bei Mord
Viel Lärm um nichts
Heiko Urbanzyk

Unstreitig ist allein die Symbolik bei der nun von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) angekündigten Strafrechtsreform: Wieder hat man ein weiteres Stück NS-Geschichte getilgt. 

Mordmerkmale wie „grausam“, „niedrige Beweggründe“ oder „Heimtücke“ sind unbestimmte Rechtsbegriffe, die das Gericht in einer Einzelfallentscheidung mit Leben füllen muß. Das Bundesverfassungsgericht hält diese Merkmale des Mordparagraphen 211 StGB für grundgesetzkonform. Eine gefestigte Rechtsprechung gibt Justiz und Strafverteidigung Orientierung. Und doch bleibt Raum für „Kreativität“, wo im konkreten Einzelfall der Schuldspruch „lebenslang“ als unbillige Härte erschiene. Legendär das Landgericht Offenburg, das im Jahre 2002 trotz vollendeten Mordes an einem sogenannten Familientyrannen durch dessen Ehefrau lediglich auf eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren, ausgesetzt zur Bewährung, erkannte. 

Richter werden künftig das neue, vorgeblich präzisere Mordmerkmal der „besonders verwerflichen Beweggründe“, das die „niedrigen Beweggründe“ ersetzen soll, im Lichte dessen sehen, was bisher als „niedriger Beweggrund“ gilt. Der neue Mordparagraph wird nicht weniger kritisiert werden als der alte. Er wird künftige „Skandalurteile“ nicht verhindern, eine von Täter und Tat abhängige kreative Milde oder drakonische Härte des Gerichts nicht entbehrlich machen.