© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 17/16 / 22. April 2016

Berlin kippt geplantes Einheitsdenkmal
Auf der Wippe
Karl Feldmeyer

Wir haben Glück: Eine Wippe aus Beton bleibt uns als Erinnerungsstätte an die Wiedervereinigung erspart. Dieses „Monument“ sollte auf dem Platz vor dem wiedererrichteten Berliner Schloß aufgestellt werden, dort wo bis 1945 das Reiterstandbild Kaiser Wilhelm I. seinen Platz gehabt hatte. In letzter Minute hatte der Haushaltsausschuß des Bundestages ein Einsehen und stoppte den Unsinn. Offizielle Begründung hierfür ist eine Kostensteigerung um 50 Prozent bei gleichzeitiger Ankündigung weiterer Kostensteigerungen. 

Eine Betonwippe zum Denkmal der Wiedervereinigung zu machen ist eine Schnapsidee, auf die nur Leute kommen können, die von dem, was Otto Normalverbraucher als schön und als angemessen empfindet, Lichtjahre entfernt sind und denen die Volksmeinung egal ist. Sie interessiert sie ebensowenig wie vor 300 Jahren Ludwig XIV. die der Franzosen. Sollen sie; das ist ihr Recht. 

Ein Skandal aber ist es in einer Demokratie, daß diejenigen, die solche Kunstwerke bezahlen, nämlich wir Steuerzahler, auf ihre Auswahl keinen Einfluß haben, geschweige denn entscheiden dürfen, was unsere Stadt „ziert“. Was öffentlich aufgestellt wird, muß auch öffentlich entschieden werden und nicht in Parlamentsausschüssen.






Karl Feldmeyer war Parlamentskorrespondent der FAZ in Bonn und Berlin.