© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 17/16 / 22. April 2016

Feuer von allen Seiten
AfD: Mit islamkritischen Äußerungen haben Spitzenpolitiker der Partei am vergangenen Wochenende viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen
Marcus Schmidt

Die AfD auf allen Programmen und in allen Zeitungen. Wenn die Heftigkeit und die Breite der Reaktionen auf die Äußerungen führender AfD-Politiker zum Islam in Deutschland ein Maßstab dafür sind, welche Bedeutung der Partei in der politischen Landschaft mittlerweile zugeschrieben wird, können sich die Verantwortlichen an der AfD-Spitze beruhigt zurücklehnen. 

Anlaß waren Berichte über die Positionen zum Islam im Leitantrag des Bundesvorstandes für den AfD-Bundesparteitag am kommenden Wochenende in Stuttgart. Darin heißt es unter anderem, der Islam gehöre nicht zu Deutschland. Zudem soll die Finanzierung von Moscheen aus dem Ausland untersagt und ein Vollverschleierungsverbot durchgesetzt werden.

In der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung war AfD-Vizechefin Beatrix von Storch über diese Positionen noch hinausgegangen: „Der Islam ist an sich eine politische Ideologie, die mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist“, sagte von Storch. Viele Moslems gehörten zu Deutschland, nicht jedoch ihre Religion, unterstrich die EU-Abgeordnete. Ähnlich äußerte sich Parteivize Alexander Gauland, der den Islam als „Fremdkörper“ in Deutschland bezeichnete. Parteichefin Frauke Petry sagte dem MDR: „Das politische Verständnis, das in Moscheen in Deutschland gepredigt wird, entspricht jedoch nicht dem Grundgesetz.“ Die AfD werde zwischen privater Religionsausübung und politischen Äußerungen unterscheiden. 

Die Reaktionen waren dennoch harsch: Die Positionen der AfD zeugten „von eindeutig extremistischem Denken, das mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist“, sagte der religionspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Franz Josef Jung (CDU), der Welt. Auch aus der SPD kam Kritik. „Die AfD schürt auf hochgefährliche Weise haltlose Vorurteile. Selbstverständlich gibt es einen Islam, der sich ans Grundgesetz hält“, sagte die Beauftragte der SPD für Kirchen und Religionsgemeinschaften, Kerstin Griese. „Praktiziert wird er von weit mehr als 90 Prozent der hier lebenden Muslime.“

Am schärfsten äußerste sich der Vorsitzende des Zentralrates der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek. Die AfD sei nicht auf einem Anti-Islam-, sondern auf einem Anti-Grundgesetz-Kurs, sagte er der ARD. Mit der AfD gebe es zum ersten Mal seit Hitler eine Partei in Deutschland, „die sich programmatisch voll und ganz auf einen Kurs einstellt gegen eine gesamte Religionsgemeinschaft und sie existentiell bedroht.“ Der bayerische AfD-Landeschef Petr Bystron wies den Angriff Mazyeks scharf zurück und bezeichnete den Vergleich der  „freiheitlichen AfD mit den Nationalsozialisten“ als eine Instinkt- und Geschmacklosigkeit ohnegleichen. „Die Aussage stellt die Tatsachen auf den Kopf. Wir beschützen unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung“, sagte Bystron der JUNGEN FREIHEIT.

„Weiterer Versuch, die Gesellschaft zu spalten“

„Ich möchte daran erinnern, daß zahlreiche islamische Länder bis heute das Existenzrecht des Staates Israel ganz offiziell abstreiten. Millionen von Moslems sind dadurch ganz automatisch antisemitisch sozialisiert worden. Viele von ihnen leben mittlerweile in Deutschland und werden von Herrn Mazyek repräsentiert“, ergänzte Bystron. Ähnlich äußerte sich von Storch, die  vor einem zunehmenden Haß auf Juden warnte. „Auch antisemitische Übergriffe haben heutzutage überwiegend islamistischen Hintergrund.“

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann warf der AfD unterdessen eine „pauschale Verunglimpfung aller friedlichen Muslime“ vor. „Das ist ein weiterer Versuch der AfD, die deutsche Gesellschaft zu spalten“, sagte er. Auch Oppermann sah in den AfD-Vorstößen „einen Angriff auf die Religionsfreiheit des Grundgesetzes“.

Unterstützung erhielt die AfD vom Islamkritiker Hamed Abdel-Samad. „Wenn jemand sagt, Islam und Demokratie seien unvereinbar, ist dies nicht grundsätzlich falsch“, sagte er der ARD. Der Islam sei politische Ideologie und Religion in einem. Es sei zudem falsch von den „Parteien der Mitte“, der AfD reflexartig widersprechen zu müssen.