© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 17/16 / 22. April 2016

CD-Kritik: Tritonus
Dionysisch
Sebastian Hennig

Wir sind nicht im ‘Ritz’, sondern beim Fritz“ ist auf dem Bierdeckel von „Stagge’s Hotel“ gedruckt. Fritz Stagge war Inhaber des nach ihm benannten legendären Lokals in Osterholz-Scharmbeck bei Bremen, einem Anziehungspunkt der Musikfreunde der siebziger Jahre. Zwei Mitschnitte von Konzerten aus jenem Etablissement mit den Krautrock-Kapellen Thirsty Moon und Mythos hat Tom Redeckers Label Sireena Records schon auf Platte vorgelegt. Mit „Far in the Sky – Live at Stagge’s Hotel 1977“ von Tritonus folgt nun eine weitere Ausgrabung.

Dem Tondokument ist anzuhören, wie der Baß von Rolf Dieter Schnapka den Leuten im verrauchten norddeutschen Gasthofsaal in die Magengrube drückte. Arthur Weiss trommelt dazu wirbelig wie in einer Zirkuskapelle. Peter Seiler war der ungekrönte König der elektrischen Klaviatur jener Jahre. Er umfängt das rhythmische Gerüst seiner Mitstreiter mit sphärischen Wolken. Was für eine unbefangene Zeit, wo dergleichen dionysische Experimente sogar noch den Weg ins Fernsehen fanden. Ein halbes Jahr vor dem Konzert bei Fritz Stagge ist Tritonus im April 1977 mit großer Pfeifenorgel und klassischem Chor im Westdeutschen Rundfunk aufgetreten. Zu den zwei überlieferten Langspielplatten der Gruppe gesellt sich das lebendige Zeugnis einer harmlos spielerischen Stimmung.

Tritonus Far in the Sky – Live at Stagge‘s Hotel 1977 Sireena Records, 2015 www.sireena.de/