© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 18/16 / 29. April 2016

An Vucic kommt keiner vorbei
Serbien: Der konservative Regierungschef sieht sich durch den vorgezogenen Wahlgang bestätigt – gute Beziehungen zu Moskau, bessere zur EU
Hans-Jürgen Georgi

Während im Nordwesten Europas die Engländer drauf und dran sind, sie zu verlassen, streben am südöstlichen Rand die Serben in die EU. Am Sonntag erhielt der serbische Premier Aleksandar Vucic das klare Mandat, seinen Kurs in Richtung EU-Beitritt beizubehalten. Obwohl seine durch die konservative Serbische Fortschrittspartei (SNS) geführte Wählerliste „Serbien siegt“ mit rund 48 Prozent nicht die absolute Mehrheit der Wählerstimmen erhielt, ist seine Mehrheit im Parlament gesichert. 

Schon im Wahlkampf hatte er sich für die Fortsetzung der Koalition mit der sozialistischen Miloševic-Partei SPS ausgesprochen. Sie erhielt elf Prozent. Die anderen fünf Parteien, die die Fünfprozenthürde genommen haben, kommen für Vucic als Partner nicht in Frage. Ihren Führern hatte er im Wahlkampf vorgeworfen, daß ihre „einzige Politik“ sei, „Ich hasse Vucic“ zu postulieren. Es könne „keinen Kompromiß“ mit ihnen geben, unterstrich er im Gespräch mit der Wochenzeitschrift NIN. 

Keinerlei Gesprächsbedarf gab es demnach mit dem vom Uno-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag (ICTY) freisgeprochenen serbischen Nationalistenführer Vojislav Šešelj, der mit seiner rechtsextremen Serbischen Radikalen Partei acht Prozent der Stimmen einfuhr Somit wieder im Parlament vertreten ist.

Stolz über die Grußbotschaft von Merkel

Šešelj lehnt einen EU- und Nato-Beitritt kategorisch ab und sieht Serbiens Zukunft allein an der Seite Rußlands. Im Wahlkampf nahm er kein Blatt vor den Mund. Die Europäische Union, so der 61jährige Parteigründer, habe Serbien die Republik Serbische Krajina gestohlen und wolle jetzt die Vojvodina, um auch sie zur Republik zu erklären. 

Ähnlich sieht es die gemäßigtere rechte DSS des einstigen Ministerpräsidenten Vojislav Koštunica. Auch deren Vorsitzende Sanda Raškovic Ivic,  sagt „Nein“ zur Europäischen Union, „Nein“ zum Nato-Beitritt und plädiert dafür, daß sich Serbien „im ökonomischen, verteidigungspolitischen und politischen  Sinne“ an Rußland „anlehnt“. Subventionen sollen nicht ausländischen Investoren zugute kommen, sondern der einheimischen Wirtschaft. Ivic nennt dies „ökonomischen Patriotismus“. Das Wahlbündnis von DSS und Dveri erreichte zwar nur knapp die fünf Prozent, ist damit aber in der Skupschtina, dem serbischen Parlament vertreten. 

Aber auch die linke Seite findet bei Vucic, der sich zwar für gute Beziehungen zu Rußland einsetzt, allerdings einem EU-Beitritt klaren Vorrang einräumt, kein Gehör. Denn obwohl die sozialdemokratische DS (6 Prozent), der einst Ministerpräsidenten Boris Tadic angehörte, genauso wie Tadics neue Partei SDS (5 Prozent) einen EU-Beitritt befürworten, haben sie keine Chance, mit Vucic politisch ins Geschäft zu kommen. Für den 46jährigen sind sowohl Tadic als auch der DS-Vorsitzende Bojan Pajtic Politiker, die ihr „ganzes Leben nichts geschafft“ hätten – außer  Serbien zu zerstören und die Bürger auszuplündern.

Mit dem DS-Vorsitzenden hatte Vucic noch einen besonderen Kampf auszufechten, denn Pajtic war bis jetzt Regierungschef der autonomen Provinz Vojvodina. Vor diesem  Hintergrund  war eines der wichtigsten Wahlziele Vucics, auch dort die Mehrheit zu erringen. 

Mit mehr als der Hälfte der 120 Mandate für seine SNS, ist ihm das auch gelungen. Als Koalitionspartner wird die Ungarnpartei von Istvan Pastor mit ihren elf Mandaten gehandelt. 

Nun kann Vucic von Belgrad aus „durchregieren“, wie es sich Bundeskanzlerin Angela Merkel einst gewünscht hatte. Die Kanzlerin zählte auch zu seinen ersten Gratulanten, was der alte und nun neue serbische Regierungschef Aleksandar Vucic noch am Wahlabend hocherfreut bekanntgab.