© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 18/16 / 29. April 2016

Zweckentfremdungsverbot für Wohnraum hilft der Hotelbranche
Berliner Nachtasyl
Ronald Gläser

Was war das für eine Aufregung 2010! Die FDP hatte eine Mehrwertsteuersenkung für Hotelübernachtungen durchgesetzt. Opposition und Medien brandmarkten dies als Klientelpolitik. Die Aufregung über die Steuersenkung zugunsten von Hoteliers leitete den Absturz der FDP ein. Nun hat der Berliner Senat ein Verbot erlassen, das am 1. Mai in Kraft tritt und der damaligen Steuersenkung in gewisser Hinsicht ähnelt: ein Verbot von Ferienwohnungen. Die Landesregierung untersagt ihren Bürgern, eine Wohnung vorübergehend an einen Mieter ihrer Wahl zu vermieten. Es droht ein Strafgeld von 100.000 Euro. Eine Hotelzimmer-Stasi durchforstet jetzt das Netz auf der Suche nach entsprechenden Angeboten. Kritik wird in den Leitmedien wenig geäußert. 

Wer profitiert davon? Der Hauptgewinn geht an das Hotelgewerbe. Die 814 Hotels der Stadt müssen die kleine private Konkurrenz nun nicht mehr fürchten. Die Großen teilen den Kuchen jetzt unter sich auf. Damit sind auch die Finanzämter der Gewinner, denn in Hotelketten wird vermutlich seltener mal ein Euro „vergessen“, als das bei privaten Wohnungsvermietern der Fall war.

Die zweite Gruppe sind eine Handvoll mißvergnügter Nachbarn in Partybezirken wie Kreuzberg, die sich über die englischen oder skandinavischen Jugendlichen beschweren, die mit einem Billigticket von Easyjet übers Wochenende ins sperrstundenfreie Berlin jetten und am Wochenende den Innenhof vollpinkeln und Lärm mit ihren Rollkoffern machen. Anders als bei „Kosovoalbanern“ oder „Rumänen“ ist es im linken Ökomilieu absolut angesagt, gegen diese Ausländer zu hetzen. Diese Anwohner sind die neuen Blockwarte des FeWo-Denunziantensystems. Kaum spürbar hingegen ist der Mehrwert für die etwa drei Millionen Otto Normalmieter Berlins, denn selbst wenn sämtliche 15.000 Ferienwohnungen umgewandelt würden, so stiege das Angebot um 0,8 Prozent. 

Den Nachteil haben die Touristen, die dank Wettbewerbsverzerrung mehr werden zahlen müssen. Und die Wohnungseigentümer, denen ein Gewinn entgeht. „Alles nicht so schlimm – was geht mich das an?“, mag sich der eine oder andere fragen. Aber leider ist das nicht so einfach. Wer heute Immobilienbesitzern vorschreibt, zu welchem Preis sie zu vermieten haben, der schreibt ihnen morgen vor, an wen sie zu vermieten haben. (Ups, da ist ja schon das Antidiskriminierungsgesetz.) Wer so etwas tut, der wird bald auch das Zwangsvermieten an Asylsuchende gegen den Willen der Besitzer und Nachbarn durchsetzen. Ein solcher Staat verstaatlicht am Ende jeden Grundbesitz unter dem Deckmantel der sogenannten sozialen Gerechtigkeit. Es ist ein Treppenwitz der Geschichte, daß ausgerechnet Berlin, dessen Ostteil DDR-Hauptstadt und deren marode Bausubstanz schon vor 1989 für jedermann sichtbar war, hier so vorweggeht. Aber ein schlechter.