© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 18/16 / 29. April 2016

Kein Platz für Rassismus und Antisemitismus
FPÖ: Während die freiheitliche Parteiführung die sehr aktive Identitäre Bewegung nicht ins Abseits stellen will, kennt sie bei extremen Aussagen von Parteikollegen kein Pardon
Michael Link

Heißer Frühling auf Wiens Straßen: Bereits zum zweiten Mal seit März rief am 14. März die Freiheitliche Partei (FPÖ) zur Großdemo gegen Massenquartiere von Flüchtlingen auf. „Die FPÖ und die Radikalen: Getrennt marschieren, vereint schlagen“ titelte daraufhin der Kurier, in Anspielung auf Protestaktionen der Identitären Bewegung, die ebenfalls ein Ende der Masseneinwanderung fordert.

Erst am 6. April hatte Luca Kerbl, der Vorsitzende der FPÖ-Bezirksgruppe Lend, an einer Protestaktion der Identitären auf dem Dach der Zentrale der Grünen in Graz teilgenommen und ein Plakat „Islamisierung tötet“ entfaltet. Eine Woche später sorgte die Störaktion der Identitären an der Universität Wien für Aufsehen: 30 Mitglieder der Identitären stürmten die Bühne des Audimax, auf der Flüchtlinge „Die Schutzbefohlenen“, ein Theaterstück von Elfriede Jelinek, aufführten. Bei ihrer „Kunstaktion“ entrollten sie Fahnen und ein Transparent mit der Aufschrift „Heuchler – Unser Widerstand gegen eure Dekadenz“ und verschütteten Kunstblut. 

Der SPÖ-Bundesgeschäftsführer zeigte sich entsetzt. „Die Offenheit, mit der von den Rechtsextremen gehetzt wird, ist schockierend und ein absolutes Alarmsignal“, erklärte Gerhard Schmid und verwies darauf, daß zwischen der FPÖ und den Identitären „zahlreiche enge – auch personelle – Bande“ bestünden. Es sei ein Skandal, daß eine „solche Gruppierung von einer Partei hofiert, gelobt und unterstützt“ werde, die „einen Regierungsanspruch“ stelle, resümierte auch Alexander Pollak, Sprecher von SOS Mitmensch. 

Der steirische Parteivorstand reagierte und sprach ein vorübergehendes Funktionsverbot gegen Kerbl aus. Auch FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl stellte via Facebook klar: „Bei den Identitären handelt es sich um eine Bürgerinitiative und Gruppierung, die offensichtlich angelehnt an den aktionistischen Stil linker Organisationen agiert. Sie hat nichts mit der FPÖ zu tun.“ Doch allen Kritikern sei gesagt: In Österreich herrscht das verfassungsmäßige Recht auf Versammlungsfreiheit. Dieses Grundrecht gelte für alle Staatsbürger, damit „auch für FPÖ-Mitglieder“. 

Auch FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache will nicht den Stab über die Identitäre Bewegung brechen. Wiederum via Facebook ließ er verlauten: „Die Identitären sind eine parteiunabhängige nichtlinke Bürgerbewegung, welche ihren friedlichen Aktionismus – offensichtlich als Kontrast und kritisches Spiegelbild – von den Linken entlehnt haben, welche im Gegensatz zu den Identitären oftmals jedoch leider gewalttätig handeln.“ Der Maßstab für die Beurteilung ihrer Handlungen müsse, wie für jeden anderen Bürger die geltende Rechtsordnung sein – und „nicht private Moralvorstellungen von diversen Linken“. Distanzierter äußerte sich lediglich Bundespräsidentschaftskandidat Norbert Hofer: „Aufgrund der Aktivitäten, die ich bisher gesehen habe, ist das eine Bewegung, die mir nicht gefallen kann.“

Nicht amüsiert war die FPÖ-Führung über das Verhalten einiger Parteifreunde in der Vergangenheit. So wurde 2011 der Tiroler Abgeordnete Werner Königshofer aus der Partei ausgeschlossen, weil er das Massaker auf der norwegischen Ferieninsel Utöya mit der Fristenlösung verglichen hatte. Im April 2014 zog EU-Politiker und FPÖ-Urgestein Andreas Mölzer nach verfehlter Wortwahl (EU ein „Negerkonglomerat“, beherrscht von „einer Bande von Lobbyisten“) und Vertrauensverlust seine Spitzenkandidatur zur Europawahl zurück (JF 16/14). Strache hatte ihn zuerst noch unterstützt. Doch neue Vorwürfe der „Pressure Group“ SOS Mitmensch, Mölzer habe einen „unappetitlichen rassistischen“ Artikel veröffentlicht, änderten die Situation. In einem Gespräch, so Generalsekretär Kickl, habe Strache „nachdrücklich festgehalten, daß Aussagen wie die von Andreas Mölzer getätigten keinesfalls tragbar und daher auch mit der Kandidatur zu einer so wichtigen Position unvereinbar seien“. Die FPÖ, so Kickl weiter, distanziere sich klar von Nationalsozialismus und Rassismus.

Schließlich wurde im vergangenen November die Nationalratsabgeordnete Susanne Winter aus der FPÖ ausgeschlossen, nachdem sie im Internet antisemitische Äußerungen gutgeheißen hatte. Sie hatte einen antisemitischen Facebook-Kommentar folgendermaßen beantwortet: „Schön, daß Sie mir die Worte aus dem Mund nehmen ;-). Vieles darf ich nicht schreiben, daher freue ich mich um so mehr über mutige, unabhängige Menschen!“ Winter habe mit ihrem Facebook-Posting „eine rote Linie überschritten“, unterstrich Kickl. In der FPÖ sei „kein Platz für Antisemitismus“.