© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 19/16 / 06. Mai 2016

500-Euro-Noten sollen eingezogen werden
Gläserne Bürger
Dirk Meyer

Jeder wußte, daß es Osama bin Laden gab, aber keiner hat ihn je gesehen. Was einst auf den Al-Qaida-Terroristen zutraf, gilt auch für die 500-Euro-Note. Denn etwa die Hälfte dieser rund 600 Millionen Scheine, also knapp 30 Prozent des gesamten Euro-Bargelds, werden als „Matratzengeld“ vornehmlich in Osteuropa, der Türkei, dem Nahen Osten und in Lateinamerika zur Wertaufbewahrung und als Inflationsschutz genutzt. Am 4. Mai ist das Ende besiegelt. Allerdings: „Es gibt da noch Fragen, wie man eine Entscheidung am besten durchsetzt und wie man das kommuniziert“, so EZB-Präsident Draghi. Und was liegt – siehe Bin Laden – näher, als an den Kampf gegen das organisierte Verbrechen zu denken: Geldwäsche, Drogenhandel, Terrorfinanzierung. 

Doch statistische Belege für deren Rückgang bei geringerer Bargeldnutzung gibt es selbst nach Aussagen von Bundesbank und EZB nicht. Vielmehr steigen die Hortungskosten bei Negativzins und drohenden Bankenkrisen bei 200-Euro-Scheinen um das Zweieinhalbfache. Die Abschaffung der 500-Euro-Banknote, Bargeldbeschränkungen auf 5.000 Euro und die Bargeldabschaffung erscheinen damit als eine logische Kette hin zum gläsernen Bürger unter Kontrolle von Staat und EZB.






Prof. Dr. Dirk Meyer lehrt Ordnungsökonomik an der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr Hamburg.