© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 19/16 / 06. Mai 2016

Pädagogische Dimensionen von „1968“: Illusionäres Menschenbild
Kritisches Bewußtsein in weiter Ferne
(dg)

Einer Allensbach-Erhebung zufolge nehmen 40 Prozent der Befragten Rücksicht auf die „Politische Korrektheit“ und trauen sich heute nicht mehr, bei „sensiblen Themen“ wie der Flüchtlingskrise öffentlich eine Meinung zu äußern. Kaum glaublich daher, daß die Generation des Bundesverbotsministers Heiko Maas (Jahrgang 1966) in Kindergarten, Schule und Studium unter der Parole „Erziehung zur Mündigkeit“ und zu „kritischem Bewußtsein“ aufwuchs. Da haben sich die pädagogischen Liberalisierungsträume der sechziger und siebziger Jahre offensichtlich nicht erfüllt, wie Meike Baader, Professorin für Allgemeine Erziehungswissenschaft an der Universität Hildesheim, bilanziert (forschung, 4/2015). Baader erforscht derzeit in einem DFG-Projekt die pädagogische Dimension der „Kinderladenbewegung“, die Praxis sexueller Liberalisierung, die Pädophiliebewegung sowie die ideologische Beihilfe in den Erziehungs- und Sozialwissenschaften bis in die 1990er Jahre. Der Pädagogik habe man damals, als Antwort auf die „faschistische Vergangenheit“, die Kraft zur Gesellschaftsveränderung und zur Auflösung des angeblich dominanten „autoritären Charakters“ zugetraut. Ein „illusionäres Menschenbild“, wie Baader meint, beruhend auf einem „verkürzten Sozialisationsverständnis“, das Kinder politisch instrumentalisiert und vielfach „in Abgründe geführt“ habe.


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