© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 20/16 / 13. Mai 2016

Der deutsche Fiskus rechnet 2016 mit 691 Milliarden Euro
Runter mit den Steuern
Thorsten Polleit

Die Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden werden in diesem Jahr auf mehr als 691 Milliarden Euro steigen – fünf Milliarden mehr als im November 2015 von den Schätzern des Finanzministeriums prognostiziert. Die positive Wirtschaftsentwicklung in Deutschland, verbunden mit einer guten Beschäftigungslage, bescheren dem Staat Mehreinnahmen. Wäre es da nicht angeraten, die Steuern zu senken?

Daß Juso-Chefin Johanna Uekermann sogar noch mehr „abgreifen“ will, überrascht nicht. Auch keynesianische Stimmen sehen keinen Spielraum: Bei den vielen Aufgaben, die der Staat zu erfüllen habe, dürfe er keinesfalls finanziell geschwächt werden. Ihr Antipode, der US-Ökonom Milton Friedman vertrat hingegen die Auffassung, daß Steuersenkungen immer und überall richtig seien: Das Geld gehört den Bürgern. Sie und nicht der Staat wissen, für was das Geld am besten auszugeben ist. Steuersenkungen seien zudem die einzige Möglichkeit, den staatlichen Expansionsdrang zu bändigen, der letztlich die Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft lahmlegt.

Steht dem Staat weniger Geld zur Verfügung, können die Politiker nicht mehr ungehemmt das finanzielle Füllhorn ausschütten, um ihre Wiederwahl zu sichern. Der Korruption der Wähler durch die Politiker – die in einer Demokratie vermutlich brisanteste Fehlentwicklung – wird so entgegengewirkt. Gleichzeitig wird es auch den Wählern erschwert, sich auf Kosten der Netto-Steuerzahler besserzustellen, indem sie Parteien beauftragen, Einkommen und Vermögen zu ihren Gunsten umzuverteilen. 

Zwischen wirtschaftlicher Prosperität und Besteuerung besteht eine negative Beziehung: Steuern entmutigen das Sparen, das Investieren und letztlich auch die Produktion. Je niedriger hingegen die Besteuerung ausfällt, desto größer ist auch die Investitionsbereitschaft. Sie läßt den Kapitalstock anwachsen. Die Produktivität nimmt zu, und das führt letztlich zu höheren Löhnen. Erfreulich ist, daß es in der EU nun Bestrebungen gibt, den Mitgliedsländern mehr Spielraum bei der Mehrwertsteuer einzuräumen; derzeit gilt ein Mindestsatz von 15 beziehungsweise ein ermäßigter Satz von fünf Prozent. In Deutschland ließe sich ein Absenken der Steuersätze verbinden mit einem Großreinemachen in der Umsatzsteuerwelt, die ein großes Wirrwarr von Sonderregeln kennt. 

Doch die Initiative für ein Vereinfachen und Verringern der Steuern muß von den Wählern ausgehen. Denn im aktuellen politischen Klima stehen die Chancen schlecht, daß die Parteien sich aus eigenem Antrieb an das Steuersenken heranwagen. Sie würden vermutlich eher verlockt sein, im Zuge einer Vereinheitlichung der Umsatzsteuersätze eine Steuererhöhung durch die Hintertür durchzuführen.






Prof. Dr. Thorsten Polleit ist Präsident des Ludwig von Mises Instituts Deutschland.

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