© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 20/16 / 13. Mai 2016

Frisch gepresst

Liliencron. Nach seinem Tod im Sommer 1909 als „lyrischer Haudegen“ durch die Literaturgeschichten geisternd, beim Lesepublikum schnell vergessen, scheint Detlev von Liliencrons Leben und Werk in letzter Zeit wieder bescheidenes Interesse zu wecken.Jüngster, solchen Verdacht erhärtender Beleg ist die mit aufopfernder Gründlichkeit kommentierte, um viele Materialien bereicherte Edition des Briefwechsels zwischen Liliencron und dem Wiener Großkritiker Karl Kraus (1874–1936). Die erstmals dokumentierte Beziehung zwischen dem holsteinischen Adligen, dem preußischen Veteranen der Einigungskriege, freilich auch dem Bohemien und Schuldenmajor, und dem 30 Jahre jüngeren, in konservativen Kreisen als Prototyp des „jüdischen Asphaltliteraten“ verachteten Herausgeber des gefürchteten Satireblatts Die Fackel, beleuchtet ein bisher so unbekanntes wie überraschendes Kapitel der Liliencron-Biographie. Abgesehen von einigen, bei einem Hamburger Kulturbürger des Jahrgangs 1946 so üblichen wie peinlichen Adaptionen zeitgeistiger Wertungen, wie etwa dem Hieb gegen den Literaturhistoriker Josef Nadler (1884–1963), versteht es der Arno-Schmidt-Kenner Joachim Kersten in seinem einleitenden, umfangreichen Dichter-Porträt, die Kraus faszinierende Modernität dieses impressionistischen Lyrikers in werbendes Licht zu rücken. (wm)

Joachim Kersten, Friedrich Pfäfflin (Hrsg.): Detlev von Liliencron entdeckt, gefeiert und gelesen von Karl Kraus. Wallstein Verlag, Göttingen 2016, gebunden, 463 Seiten, Abbildungen, 29,90 Euro





Fliegerleben. Als der 16jährige Kriegsfreiwillige Josef van Endert 1914 zu den Fahnen eilte, mußte er lange als Artillerist in der Schlamm- und Trichterwüste Flanders ausharren, bis sein Gesuch, eine Fliegerausbildung zu starten, im Herbst 1917 endlich erhört wurde. Von da ab führte der niederrheinische Großbürgersohn bis zu seinem Fliegertod im Frühjahr 1918 noch in der Ausbildung im Elsaß akribisch Tagebuch, welches er durch interessante Fotografien ergänzte. Auch wenn van Endert nicht weit über das Dasein als Flugschüler hinauskam und somit niemals die Berühmtheit wie die „Asse“ Richthofen, Udet, Boelcke oder Immelmann erlangte, halten die Herausgeber Falk Breuer und Walter Waiss völlig zu Recht eben wegen dieser Dokumente seine Fliegervita für dokumentierenswert. (bä)

Falk Breuer, Walter Waiss: „Richthofen braucht Nachfolger!“ Das kurze Fliegerleben des Josef van Endert (1889–1918). Helios Verlag, Aachen 2016, gebunden, 106 Seiten, Abbildungen, 32 Euro