© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 21/16 / 20. Mai 2016

Frittenbude war gestern
Rindfleisch vom Regio-Metzger, Brötchen vom Biobäcker: Das Ruhrpott-Ehepaar Dave & Kristina liegt mit seinem Foodtruck voll im Trend
Heiko Urbanzyk

Während damals im urigen Vereinsheim des örtlichen Taubenzüchterclubs die Hochzeitsgesellschaft zu den Klängen einer Hard-Rock-Gruppe feierte, wurden die Gäste draußen vom guten alten Pommeswagen herab mit Currywurst und Pommes rot-weiß versorgt. Im Herzen des Ruhrpotts ist das standesgemäß. Kristina und Dave, das Brautpaar von damals, ahnten nicht, daß ihre gemeinsame Zukunft eines Tages ganz im Zeichen eines Imbißwagens stehen würde. Anfang Mai haben sie sich mit ihrem eigenen „Pommeswagen“ selbständig gemacht. Der heißt „Black Dog Foodtruck“ – und liegt voll in einem neuen Trend, der in Deutschland noch in den Kinderschuhen steckt.

Aus den USA kommt die „Foodtruck“-Bewegung, die mehr sein möchte als eine bloße Gemeinschaft von Freunden mobiler Freßbuden. Allein in New York rollen 3.000 dieser bunten Gourmettempel durch die Straßen. In ganz Deutschland sind es aktuell gerade einmal 140. Schwerpunkte liegen in Hamburg, Nürnberg und Berlin. Wer jetzt mit seinem Foodtruck einsteigt, kann sich je nach Region als Pionier auf einem wachsenden Markt etablieren. Dave sieht großes Potential: „Unsere Mobilität ist unser Vorteil. Außer uns gibt es im gesamten Ruhrpott nur zwei weitere Foodtrucks; die bieten aber Sandwiches und Burger an – wir Hot Dogs.“ Vor allem Musik-Festivals möchte er im Sommer ansteuern, im übrigen die Feierabendmärkte in Gelsenkirchen. „Der Flughafen Düsseldorf ist ein Geheimtip. Da werden ohne Ende Bürogebäude hochgezogen, aber kaum Gastronomie“, sagt Dave siegessicher.

Alten Iveco-Paketwagen zum Gourmet-Tempel umgebaut

Der frühere American-Football-Spieler Klaus Peter Wünsch gilt als der deutsche Foodtruck-Vorreiter. Er machte sich 2010 mit dem ersten echten Foodtruck-Konzept des Landes selbständig. Sein nach dem Truck benannter „RibWich bietet trocken mariniertes Schweinefleisch mit leckerer BBQ-Soße in frischem Brötchen zu passendem Preis.“ Ein Szenetip. Der gelernte Messe­logistiker organisiert die Street Food Convention und betreibt den jährlich millionenfach besuchten Szeneblog „Foodtrucks Deutschland“.

Ohne Wagen läuft im Foodtruck-Gewerbe nichts. „Eine Odyssee“, stöhnt Dave. Gebraucht oder neu? Ein halbes Jahr hat er mit Kristina Gebrauchte begutachtet, „das meiste war Schrott“. Ein Eigenbau vom Fahrzeugbauer ab Werk kostet aber zwischen dreißig- und achtzigtausend Euro für den Rohbau einschließlich Küche. Am Ende hat das Paar sich einen alten Iveco-Paketwagen von UPS umbauen lassen. Dave gerät ins Schwärmen: „Mehr Foodtruck-Atmosphäre geht nicht!“

Was unterscheidet die Foodtrucks vom einfachen Imbißwagen? „Alle rollenden Küchen bieten hohe Qualität der Gerichte zu guten Preisen an. Regionale Produkte von lokalen Bauern, Bäckern, Metzgern, Konditoren, Kaffeeröstern, Braumeistern oder Bio-Märkten werden verwendet, um die Gäste zu begeistern“, heißt es im Blog von Foodtruck Deutschland. Spezialisierung ist alles. Wer eine große Produktpalette anbietet, macht sich unglaubwürdig. „Handgemacht. Ehrlich. Lecker“ wie bei Bosseln & Kallen in Gießen muß es sein oder „Bio. Frisch. Regional“ wie bei Bunte Burger in Köln. Mit dem richtigen Konzept wirken gar „Currywurst und frische Pommes“ (Butcher’s Spice Truck, Köln) nobel, und altbekannte „schwäbische Gerichte“ geraten wieder in Mode (Heiße Hütte, Pforzheim). Dave und Kristina werden sich auf Hot Dogs spezialisieren: „Rindfleisch vom kleinen Metzger aus Gelsenkirchen. Brötchen vom örtlichen Biobäcker. Das ist Premium-Ware, kein Ramsch.“

Die bürokratischen Hürden waren geringer, als Dave dachte. Eine Reisegewerbekarte war zu beantragen, für deren  Genehmigung neun unterschiedliche Bescheinigungen beizubringen waren, darunter ein Führungszeugnis und eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes. „Dazu kam ein Stündchen Hygieneunterricht im Gesundheitsamt“, berichtet Dave.

Mehr als ein Jahr haben Dave und Kristina geplant, nun ist es soweit. Der Behördenkram ist erledigt, der letzte Schliff am Truck steht kurz bevor, die Internetseite steht im Netz. „Planung ist alles“, gibt der Chef zu bedenken. „Der Trend allein macht keinen Erfolg. Viele Foodtrucker ohne ordentliches Konzept schmeißen wieder hin, bevor sie die erste Tankfüllung leer gefahren haben.“ Doch noch eine Gemeinsamkeit mit dem guten alten Pommeswagen.

 www.facebook.com/blackdogfoodtruck

 www.foodtrucks-deutschland.de