© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 23/16 / 03. Juni 2016

Plötzlich lieben Linke Kinderschokolade
#Cutesolidarity: Ferrero gewinnt mit neuer Verpackung die Sympathien vieler bisheriger Kritiker – dank eines Pegida-Postings
Ronald Gläser

Pegida kann sich über mangelnde Publizität nicht beklagen. Eine Untergruppe der Islamkritiker vom Bodensee hat es vor einer Woche geschafft, mit einem Beitrag weite Teile des Internets gegen sich aufzubringen. Über Nacht wurde dadurch Ferrero zur Lieblingsfirma aller Pegida-Gegner.

Was genau ist geschehen? Auf einer Pegida-nahen Facebook-Seite wurde ein Foto von der neuen Kinderschokolade-Verpackung verbreitet. Darauf sind Kinderbilder von Nationalspielern zu sehen, darunter der türkischstämmige Spieler Ilkay Gündogan. Text dazu: „Vor nichts wird haltgemacht. Gibt es die echt so zu kaufen? Oder ist das ein Scherz?“ 

Als Reaktion zündeten Pegida-Gegner eine Solidaritätsaktion gegen Wutbürger und veröffentlichten unter dem Hashtag #cutesolidarity verpackungsfähige Kinderfotos. Die Leitmedien überschlugen sich vor Begeisterung. 

„So sieht Deutschland aus, Pegida“, belehrte die Zeit die unverbesserlichen Reaktionäre. Auch der Spiegel warnte vor der „Pegida-Hetze gegen Ferrero“. Dabei steht Ferrero immer mal wieder im Fadenkreuz der Kritik. Ein ausländischer Lebensmittelkonzern, der mit Schokolade Kindern das Taschengeld aus der Sparbüchse zieht – das geht gar nicht. 

2008 wollte die Kinderkommission des Bundestages Ferrero die Kombination Nahrungsmittel und Spielzeug im Überraschungsei untersagen, weil das Kinder gedanklich überfordere. Die Verbraucherzentrale Hessen warnte 2013 vor „süßen Profiten“ der Italiener und forderte ein striktes Verbot von Schul-Kooperationen mit Ferrero. Silvester 2014 erschien in der Zeit eine rührselige Reportage darüber, wie Ferrero angeblich indirekt Kinderarbeiter in der Türkei ausbeutet. 

Selbst Lutz Bachmann      ist gegen das Posting

Aber das alles ist jetzt vergessen. Dank der Aktion mit den Kinderbildern steht Ferrero jetzt bei den Zeitgeistmedien ganz groß im Kurs. Von dem Posting der inzwischen gelöschten Pegida-Gruppe am Bodensee hat sich sogar Lutz Bachmann distanziert.