© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 26/16 / 24. Juni 2016

Microsoft kauft soziales Geschäftskontaktnetzwerk LinkedIn
Ideenloser Milliardenkonzern
Markus Brandstetter

Als der Microsoft-Konzern bekanntgab, daß er die kalifornische Firma LinkedIn übernehmen werde, sorgte das für Verblüffung. LinkedIn ist ein soziales Netzwerk zur Pflege bestehender Geschäftskontakte und zum Knüpfen neuer Geschäftsverbindungen im Internet – paßt also vom Geschäft her kaum zu Microsoft. LinkedIn ist eine riesige Datenbank, in der sich Menschen mit ihren Bewerbungsunterlagen eintragen, die Unternehmen, Personalchefs und Headhunter dann einsehen können, um passende Leute zu rekrutieren.

LinkedIn hat nach eigenen Angaben weltweit 433 Millionen Nutzer (davon nur 106 Millionen aktive) und macht mit etwa 9.700 Mitarbeitern einen Umsatz von knapp drei Milliarden Dollar – bei dreistelligen Millionenverlusten. Das wenige Geld, das LinkedIn mit seinen Angeboten im Internet einnimmt, kommt fast ausschließlich von den Personalabteilungen großer Firmen, die sich das Recht, in der LinkedIn-Datenbank zu blättern, einiges kosten lassen.

Microsoft hat 26,6 Milliarden Dollar für LinkedIn hingeblättert, das ist um die Hälfte mehr, als sämtliche LinkedIn-Aktien am Tag der Übernahme an der Börse wert waren. Die meisten Wirtschaftskommentatoren sind sich darin einig, daß dieser Megadeal ein Fehler war und Microsoft die bezahlte Summe nie mehr hereinholen wird. Niemand bei beiden Firmen konnte bislang den Aktionären erklären, welcher Vorteil sich daraus ergebe.

Angeblich sollen Nutzer des Microsoft-Programms Outlook zukünftig sehen können, wer ihnen vermeintlich anonyme E-Mails schreibt, weil die nächste Outlook-Version alle eingehende Post mit LinkedIn abgleichen werde – aber es ist höchst fraglich, ob das die meisten Outlook-Nutzer überhaupt wollen. Nein, wenn diese Transaktion überhaupt etwas zeigt, dann das: Microsoft verdient mit seinen Kernprodukten Windows und Office immer weniger Geld, hat aber auch keine eigenen Ideen für neue Geschäftsfelder und kauft nun wahllos neue Geschäftszweige ein.