© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 26/16 / 24. Juni 2016

Was bleibt, ist die Erinnerung
Leiden an Deutschland: Akif Pirinçci analysiert illusionslos die „Umvolkung“ der Deutschen
Michael Paulwitz

Akif Pirinçci leidet an Deutschland. Er leidet an dem Land, das den Sohn türkischer Gastarbeiter vor fast einem halben Jahrhundert aufgenommen hat, das er liebengelernt hat, dessen Sprache er sich virtuos und erfolgreich angeeignet hat und das nun drauf und dran ist, sich ergeben abschaffen zu lassen. Scharf und ohne jede Illusion beschreibt er die unkontrollierte Massenzuwanderung von Millionen muslimischer, „nicht-mehr-rausschmeißbarer“ junger Männer als „aufgezwungene Entheimatung der Heimat durch das Fremde – bis zu ihrer kompletten Auflösung“.

Seine eigenen Erfahrungen mit der dafür verantwortlichen „Allianz aus Moslemverstehern und Selbsthassern“ haben Pirinçci reifen lassen. Nach seiner verunglückten „Pegida“-Rede in totalitärem Furor von Verlags-Establishment und Großhändlern zur Unperson gemacht und selbst mit seinen unpolitischen Katzenkrimi-Bestsellern aus etablierten Vertriebskanälen, Buchhandlungen und Bibliotheken verbannt, hat er sich den hellsichtigen Zorn bewahrt, verzichtet aber auf provokante Vulgärsprache. Der glänzende, wortschöpferische Stilist, der er ist, tritt dadurch klarer, aber auch düsterer und pessimistischer zutage.

Die Asylkrise ist für ihn eine „Invasion im Kaskadentempo“, ein Dammbruch, dessen Urheber sich nicht einmal mehr die Mühe geben, die „Inbesitznahme durch Neubürger auf Unterschichtsniveau“ zu verleugnen. Auf die Frage, warum Deutschland widerstandslos von „wirtschaftlich Überflüssigen mit Islam-Chip im Kopf, Afro-Lethargie in den Gliedern und Zigeunertalent in den Fingern“ geflutet wird, die ein Industrieland „so dringend braucht wie einen Vulkan-ausbruch“, hat er schlüssige Antworten. 

Verschwörungstheorien von Geheimplänen dunkler Mächte gehören nicht dazu. „Politik, Medien und ihre vielerlei Rattenschwänze in der Migranten- und Betreuungsindustrie und der Justiz“ betreiben den „Suizid der eigenen Heimat und schließlich von Europa“ aus einem einfachen Grund: Sie tun es, „weil sie es können“, weil sie es immer schon tun wollten und mittlerweile gewiß sein können, daß sich die Deutschen dagegen nicht mehr nennenswert wehren werden.

Dafür wählt Akif Pirinçci mit Bedacht den der NS-Ideologie entnommenen Begriff „Umvolkung“, um die Künstlichkeit des Vorgangs zu unterstreichen und von gewöhnlicher Ein- und Auswanderung abzugrenzen. Die Vorantreiber des Bevölkerungsaustauschs agieren „als Gauleiter gegen das eigene Volk“, bemerkt Pirinçci mit Blick auf bereits ergangene Aufforderungen an Anwohner, die gegen Asyleinrichtungen protestieren, sie könnten ja „das Land verlassen“ – was „Schutzsuchende“, die gegen ihre Unterbringungsbedingungen randalieren, bekanntlich nie zu hören bekommen. 

Die Auswanderung der „Schlauesten und Flexibelsten“, die das nicht länger bezahlen wollen, ist bereits im Gange. Bezahlen muß die Mittelschicht für die Massenalimentierung von Millionen nach Mentalität, Intelligenz und Fähigkeiten nicht einfügbarer Unterschichtseinwanderer, in einem Ausmaß, das sich die wenigsten überhaupt klarmachen – überschlagsweise kommt er auf hohe zwei- und dreistellige Milliardenbeträge. Die müßten von den faktisch nur noch 13 Millionen Steuerzahlern aufgebracht werden – der Rest sind Netto-Steuergeldprofiteure, die Asylindustrie eingeschlossen. In der Polemik gegen die „Deutschland hassende Phalanx aus Systemmedien, Steuergeldpiranjas in Laberinstituten, Allahvereinen, verblödeten Gutmenschen und feminisierten Männerdarstellern“ kommt der freiheitliche Umverteilungskritiker durch, der Pirinçci auch immer noch ist.

Mehrheit der Deutschen wird es sich gefallen lassen

Die Unterschicht bezahlt mit dem Verlust von Heimat und Sicherheit, die Mittelschicht darüber hinaus mit Ausbeutung und Verarmung. Und sie ist selbst schuld, meint Pirinçci: Weil sie im Zuge der „Vergrünisierung der Mittelschicht als Folge langjähriger Indoktrination und systematischer Verblödung“ die Politische Korrektheit verinnerlicht hat und weil sie sich die Ausbeutung gefallen läßt. Eine Wendemarke war die Hinnahme der Hartz-IV-Reform, die die Solidargemeinschaft der Arbeitslosenversicherung auf den beliebigen Kreis der zufällig im Land Anwesenden ausgedehnt hat und so die Solidarität mit zerstört hat.

Die Umvolkung wird, von offenen Lügen und Dauerpropaganda abgesichert, weiter betrieben, weil es für die Verantwortlichen, die in ihrer intellektuellen Arroganz den Unterschied zwischen solidarisch zusammenhaltendem Volk und zufällig anwesender Bevölkerung nicht sehen wollen, mittlerweile einfacher ist, die Mittelschicht, die sich nicht wehrt, immer schärfer auszubeuten. „Integration“ ist eine als Beruhigungspille ausgegebene Illusion; mit den Asyl-Einwanderern ist „kein Staat zu machen, schon gar kein deutscher“, sie werden selbst zum Machtfaktor, der die „politisch (Nicht-)Handelnden“ vor sich her treibt. Die Kölner Silvesternacht war nur ein Vorgeschmack bevorstehender Verdrängungskämpfe, die Pirinçci mit Gunnar Heinsohn als notwendige Folge des Überschusses an jungen, aggressiven Männern sieht.

Können die Deutschen also ihre Umvolkung noch abwenden? Nur wenn sie die über Jahrzehnte aufgebauten „Lügenfassaden“ niederreißen: Von der „Humanität“, die angeblich die unmenschliche Behandlung der eigenen Leute gebiete, von Gesetzen, die angeblich nicht geändert werden könnten, obwohl sie mißbraucht und pervertiert werden, von der „Globalisierung“, die Einwanderung zum „alternativlosen“ Schicksal erklären soll.

Pirinçci ist pessimistisch, ob es dazu noch kommen kann. „Man kann seine eigene Abschaffung auch liebenlernen“, kommentiert er den „Refugees welcome“-Wahn. „Zum Sklaven wird man, weil man es sich gefallen läßt. Und die Mehrheit der Deutschen wird es sich gefallen lassen. (...) Die Zukunft aber, die gehört den Anderen.“ Nüchtern betrachtet, schließt das Buch, hätten die Deutschen kein Vaterland mehr. „Was bleibt, ist die Erinnerung an ein wunderschönes Land.“

Akif Pirinçci: Umvolkung. Wie die Deutschen still und leise ausgetauscht werden. Verlag Antaios, Schnellroda 2016, broschiert, 160 Seiten, 14 Euro