© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 28/16 / 08. Juli 2016

Umwelt
Wolfsburger Lehrgeld
Jörg Fischer

Wer in die USA einreisen will, tut gut daran, den Heimatschutzbeamten (DHS) respektvoll zu begegnen. Auch die dortige Justiz versteht keinen Spaß. VW-Manager glaubten allerdings, gewiefter sein zu können. Die Quittung gab es vorige Woche: 14,7 Milliarden Dollar wird der Vergleich mit den „Dieselgate“-Klägern den Autokonzern kosten – das ist mehr als der Jahresgewinn 2014. Der rein steuerlich bedingte Pkw-Dieselerfolg in Deutschland ließ sich nie auf Amerika übertragen, wie jeder mit einem Blick auf die Tankstellenpreise erkennen konnte: Benzin ist mit umgerechnet 50 Cent pro Liter zehn Prozent billiger als Diesel. Und angesichts strenger Winter ist ein Passat TDI in Michigan oder Minnesota das falsche Auto – da half auch keine von deutschem Sendungsbewußtsein getragene Bluemotion-Werbung. Im Gegenteil: das Umweltschutz- und Effizienz-Versprechen ging für VW juristisch voll nach hinten los.

Absurd ist die Aussicht, daß Zehntausende neue Schummeldiesel in die Schrottpresse kommen.

Daß die US-Abgasgrenzwerte hubraumstarke Benziner von GM, Ford oder Chrysler begünstigen und Diesel-Pkw teurer machen, ist jedoch keine Wolfsburger Verschwörungstheorie. Es geht schlicht um Industrie- und weniger um Umweltpolitik. Das zeigt auch die Tatsache, daß Pick-ups als Lkws gelten und der riesige Pritschenwagen Ford F150 zum Preis eines Golfs das meistverkaufte US-Auto ist. Umweltpolitisch vollends absurd ist die Aussicht, daß Zehntausende neuwertige Schummeldiesel von Audi oder VW zur Ersatzteilgewinnung zerlegt oder gleich in die Schrottpresse kommen, weil die Fahrzeuge nicht mit einem vertretbaren Aufwand abgassauber zu kriegen sind. Einem Export nach Mexiko oder Afrika stehen US-Handelsgesetze entgegen. Immerhin zeigt der Milliardenvergleich eine soziale Ader von God’s Own Country: Die betrogenen Audi- und VW-Diesel-Besitzer erhalten nicht nur einen fürstlichen Rückkaufswert, sondern zusätzlich 20 Prozent davon sowie pauschal 3.000 Dollar als Entschädigung.