© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 28/16 / 08. Juli 2016

Leserbriefe

Zum Schwerpunktthema: „Das war erst der Anfang“, JF 27/16

Nur Wahlen sind eine Alternative

Die Aufforderung in der Überschrift „Reform jetzt!“ ist berechtigt. Die Frage ist nur, mit wem und durch wen diese dringend nötige Reform durchgeführt werden soll. Das frei nach Erich Honecker formulierte Zitat („Die EU in ihrem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf“) zeigt, daß nicht nur Honecker damals ein Betonkopf war, sondern dies ebenso für manche Politiker der EU-Kommission und der deutschen Politik gilt. Daher wird auch nach dem Brexit ein „Weiter so“ alternativlos für sie sein. Erst bei der nächsten Wahl haben wir die Möglichkeit, durch unsere Stimme andere politische Verhältnisse in unserem Land zu schaffen und damit auch bis in die EU hinein. Es liegt am Wähler, die Alternativlosigkeit in unserem Land zu beenden.

Werner Thiele, Neustadt/Aisch




Europäische Elite abgehoben

Jetzt haben sie den Salat. Die Menschen werden es nie akzeptieren, daß Außenstehende, ob Merkel oder EU-Bürokraten, sich in interne Angelegenheiten fremder Staaten mischen. Es gibt eben keine europäische Identität. Die mag es bei einer abgehobenen Elite – Politikern, Schauspielern, Medienheinis – geben. Nicht aber im einfachen Volk. Da Wohlstand durch grenzübergreifenden Handel und nicht durch Brüsseler Bürokratie geschaffen wird, sollte die EU nicht mehr sein als ein großer Wirtschaftsraum. Mit festen Außen-, aber ohne Binnengrenzen, souveränen Staaten mit landeseigener Währung, freiem Verkehr von Personen, Kapital, Waren und Dienstleistungen, wo jeder zwischen Helsinki und Lissabon frei wählen kann, wo er arbeiten möchte. Und die Betonung liegt auf arbeiten – nicht auf Sozialleistungen abgreifen.

Stephan Zankl, München




Der Euro spaltet weiter

Angesichts des Brexit und des wachsenden Unbehagens an dem Konstrukt EU scheint es mir nicht mehr zielführend, die EU weiter zu vertiefen, denn die EU-Bürokraten und EU-Ideologen mit Juncker an der Spitze genießen keinerlei Vertrauen mehr. Der Euro hat sich zu einem großen Spaltpilz entwickelt, und das vereinbarte Recht wird beliebig gebeugt. Und unter dem Deckmäntelchen der Alternativlosigkeit wurden folgenschwere Fehler begangen.  Erschwerend kommt hinzu, daß sich die Diskrepanz der Menschen in der EU verstärkt zwischen den Anhängern eines Bundesstaates à la USA einerseits und den Anhängern einer EU der Vaterländer (de Gaulle u.a.) andererseits. Persönlich sehe ich den Vorteil der EU eher in der reichen regionalen und damit kulturellen und sprachlichen Vielfalt anstelle einer zentralen Einfalt.

Hartmut Völkel, Olpe




Nebulöse Vorstellungen

Die Forderung „Reform jetzt!“ klingt verlockend, doch eine einhellig anerkannte Zielsetzung über die endgültige Verfaßtheit der EU gibt es im Europäischen Rat nicht. Im Proporzgerangel sind alle möglichen Europa-Institutionen wild in die Breite gewuchert, so daß ihre Brauchbarkeit gar nicht eingeschätzt werden kann. Falls man wirklich wieder einen Funken von „Begeisterung für Europa“ in den Völkern verankern wollte, wären Modelle für die angestrebte Verfaßtheit Europas (Bundesstaat, Bund souveräner Staaten, Europa der Regionen, Differenzierte Integration etc.) einschließlich der dazu kompatiblen Institutionen zu definieren. Jedes Land wäre aufzufordern, sich über Parlamentsbeschluß oder Referendum zu einem der Modelle zu bekennen. Aufgabe des Europäischen Rates wäre dann die Etablierung und Entwicklung des meistbevorzugten Modells. Länder, die dem meistbevorzugten Modell zunächst nicht folgen wollen, sollten eine Beitrittsmöglichkeit erhalten. 

Leider ist zu befürchten, daß die in ihren nebulösen Vorstellungen befangene politische Klasse wie auch die etablierte Brüsseler Bürokratie zu so klaren Maßnahmen weder den Willen noch die Kraft aufbringen können.

Erich Drosen, Oberschleißheim




Gegen die EU, nicht Europa

Nun müssen auch der Dexit, Nexit und andere folgen. Wann endlich begreifen unsere Mitbürger, daß durch den Brexit nicht die Zukunft Europas zur Debatte steht, sondern nur die des schädlichen Bürokratie-Molochs EU? Bürger Europas, befreit euch von dem Joch dieses zentralistischen Ungeheuers und vereint euch neu in einem Staatenbund freier Völker!

Herbert Gaiser, München






Zu: „AfD / Eine Affäre als Mühlstein“ von Dieter Stein, JF 27/16

Falscher Diskussionsort

Die echten politischen Probleme, seien es auch die mit den USA oder mit Israel, bleiben für eine politisch wirksame Auseinandersetzung groß genug, auch ohne irgendwelche Verschwörungstheorien. Diese aber machen es dem politischen Gegner einfach, die „Rechten“ als „Spinner“ abzutun. Wer also wie Herr Gedeon nochmals die Diskussion um die „Weisen von Zion“ führen möchte, sollte sich nicht als AfD-Mitglied oder gar als Parlamentsabgeordneter betätigen.

Gerhard Scheunpflug, Eutin






Zu: „Den Trennstrich ziehen“ von Christian Vollradt, JF 27/16

Hier hilft nur Hausarrest

Jedermann sollte das Recht haben, eine – auch abstruse – Meinung zu haben und ein Buch darüber zu verfassen, ohne dafür hinter Gitter zu kommen. Aber niemand hat das Recht, mit dieser umstrittenen Meinung eine Partei in der Öffentlichkeit zu vertreten! Bitte, Herr Gedeon, schreiben Sie Bücher, aber bleiben Sie zu Hause!

Knut Frenzel, Kiel






Zu: „Der Chip im Kopf“ von Michael Paulwitz, JF 26/16

Fundamentale Unterschiede

Dieser Beitrag spricht Klartext! Zu dem irreführenden Hinweis auf „entsprechende ‘Stellen’ in der Bibel“ wäre zu ergänzen, daß Bibel und Koran sich in Sachen Gewalt und Grausamkeit aus zwei Gründen fundamental unterscheiden. Erstens ist alle Gewalt und Grausamkeit der Bibel eingebaut in geschichtliche respektive mythische Erzählungen oder in Rachepsalmen. Wir finden in der Bibel keinen einzigen an uns heutige Christen gerichteten klipp und klar formulierten göttlichen Kampf- oder Tötungsbefehl. Ganz anders ist da der Koran mit seinen häufigen Kampf- und Tötungsbefehlen. 

Natürlich wird jetzt ein moderner und gemäßigter Muslim sagen, die Adressaten dieser Befehle seien nicht die heutigen Muslime, sondern die Muslime des siebten Jahrhunderts. Doch leider liegt es überaus nahe, die zu Kampf und kriegerischer Gewalt aufrufenden Suren so zu verstehen, daß sie, wenn bestimmte Voraussetzungen gegeben sind, unbedingt auch von den heutigen Muslimen befolgt werden müssen! Und leider steht in der Einleitung zum Koran kein dick unterstrichener Warnhinweis: „Achtung, die Kampfbefehle gelten nur für den Propheten und seine Mitstreiter! Ihr, gläubige Leser des 21. Jahrhunderts, dürft sie nicht wörtlich auf euch beziehen oder gar befolgen!“ 

Zweitens führt der Vergleich zwischen Bibel und Koran unweigerlich zu den beiden Religionsgründern Mohammed und Jesus. Der Unterschied zwischen diesen beiden Gestalten könnte größer nicht sein. Daß er in unserer Gegenwart im öffentlichen Diskurs nicht mehr thematisiert wird, auch nicht von den christlichen Kirchen (man darf Jesus doch nicht über Mohammed stellen und die Muslime tödlich beleidigen!), ist einer der kaum mehr begreiflichen Auswüchse der Political Correctness. 

Auf der einen Seite erleben wir einen Jesus, der Feindesliebe predigt, jeden bewaffneten Widerstand gegen die Römer oder sonstige Gegner und Verfolger ablehnt und sich ans Kreuz schlagen läßt –, und auf der anderen Seite sehen wir den Staatsmann, Herrscher, Feldherrn und Eroberer Mohammed, der mit Waffengewalt zurückschlägt, im Auftrag Allahs einen heiligen Krieg gegen Heiden und Juden führt, seinen im Namen Gottes kämpfenden muslimischen Soldaten das Paradies verspricht, Beute macht, Gefangene nimmt …

Wer Jesus als Vorbild erwählt und ihm nachfolgt, darf keinen Krieg führen, schon gar keinen Krieg, dessen Ziel in der Verteidigung und Ausbreitung der christlichen Religion besteht. „Kreuzzügler“ sind daher keine Christen. Zahllose Muslime indes, die Mohammed als Vorbild verehren, halten heute einen religiös motivierten heiligen Krieg, wie die Urgemeinde zur Zeit des Propheten (Bedrohung und Verfolgung durch Ungläubige!) für geboten, gottgewollt und gerechtfertigt. Der Unterschied zwischen Jesus und Mohammed zeigt sich exemplarisch bei der Steinigungsstrafe. Über Mohammed wird berichtet, daß er Ehebrecher steinigte oder ihre Steinigung befahl. Und Jesus? Einzigartig sein Wort: „Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein.“

Wolfgang Illauer, Neusäß-Westheim






Zu: „Berlin, wie haste dir verändert!“ von Ronald Berthold, JF 26/16

Die Hauptstadt färbt ab

Schon vor dem Mauerfall hatte Berlin (West) das Selbstverständnis, sich immer als wichtige, größere Nummer als der Rest der Bundesrepublik darstellen zu müssen – als östlicher Außenposten der westlichen Siegermächte. Der Eigenbeitrag zur Wirtschaftsleistung und den Staatsfinanzen der BRD ließ demgegenüber allerdings keine großen Sprünge zu, was zu vielfältigen kontinuierlichen finanziellen Fördermaßnahmen des Staates führte. Daran hat sich grundsätzlich bis heute nichts geändert. Der Stadtstaat ist heute nicht nur durch solche, im Artikel zutreffend analysierten Schlampereien hoffnungslos hoch verschuldet. Er muß jährlich im Rahmen des Länderfinanzausgleichs durch andere Bundesländer mit mehreren Milliarden Euro „Entwicklungshilfe“ gestützt werden. Das angesprochene mangelnde Kompetenzniveau manch führender Berliner Landespolitiker paßt nur allzu gut in diesen Rahmen, spielt doch bei diesem Chaos die Verantwortlichkeit einzelner Politiker keine Rolle mehr. Es steht zu vermuten, daß letzteres in den vergangenen Jahren zunehmend auch auf Mitglieder der Bundesregierung abzufärben scheint.

Dr. Ralph Koch, Friedrichshafen






Zu: „Vernunft ist kein Vorurteil“ von Biergit Kelle, JF 25/16

Brexit aus berechtigten Ängsten

Die Texte von Birgit Kelle sind immer eine Bereicherung und im besten Sinn pragmatisch. Sie befassen sich mit sehr konkreten Dingen, ohne sich von den Ressentiments des politisch korrekten „Überbaus“ ablenken zu lassen. So trifft Birgit Kelle auch hier ins Schwarze, denn die berechtigte Angst vor der Überfremdung mit allen ihren Konsequenzen war vermutlich auch das wichtigste Motiv jener Briten, die für den Brexit stimmten. Es war die „Rache des kleinen Mannes“ am englischen Establishment und an Brüssel. Dies ist auch Merkels Schuld. Doch Berlin will das nicht begreifen.

Dr. Wolfgang Monninger, Essen






Zu: „Vom Wesen der deutschen Kunst / Vorbild anderer Völker“ von Sebastian Hennig, JF 25/16

Orakelndes Pamphlet

Dieser Versuch, die Deutschen über die Kunst zu definieren, erscheint anmaßend und demonstriert eine Unkenntnis europäischer Kunst und Literatur. Wenn schon mit Goethe, Wagner und C.D. Friedrich jongliert wird, müssen auch die Namen Dante, Cervantes, Shakespeare, Tolstoi oder Michelangelo fallen, auch der von Verdi, nicht aber die von Petöfi, Wordsworth, Sullivan, Smetana oder Mihály. Das sind unsinnige Vergleiche. 

Wie konnte ein solches Pamphlet mit seinen orakelnden Behauptungen und Folgerungen, die in dem Satz gipfeln, die Deutschen seien die Ersten in der Kunst der Welt und den anderen ein Vorbild, Eingang in die JUNGE FREIHEIT finden, einem geschätzten Blatt der politischen Vernunft und Nüchternheit? „Ein Narr, wenn er schwiege, würde auch weise gerechnet und verständig, wenn er das Maul hielte“ (Sprüche Sal. 17,28).

Hermann Joseph, Lüdenscheid






Zum Leserbrief von Manfred Backerra, JF 25/16

Des „Kaisers Kulis“ vergessen

Den Ausführungen von Herrn Backerra ist zuzustimmen! Es sollte aber nicht übersehen werden, daß die Kaiserliche Marine viel Personal band, das dem Landheer fehlte. Auch gelang es englischen U-Booten, in die Ostsee einzudringen und dort Schaden anzurichten. Nicht zu vergessen ist das schikanöse Verhalten von Offizieren, das bei der Hochseeflotte in den Jahren 1917/18 zu Meutereien, die von Thedor Plievier in dessen Roman „Des Kaisers Kulis“ eindrucksvoll geschildert werden.

Karl-Heinz Grieger, Bielefeld






Zum Schwerpunktthema: „30 Jahre JF“, JF 24/16

Keine Chance für Sarkasmus

Sarkasmus ist keine Stärke der JUNGEN FREIHEIT. Der von mir sehr verehrte Herausgeber und Chefredakteur Dieter Stein hat in seinem Chefbüro also ein Abbild von Claus Stauffenberg an der Wand. Ich fände es besser, dieses Porträt mit dem Bildnis des Don Quijote auszutauschen. Dennoch: Chapeau!

Sieghart Uhlmann, Chemnitz