© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 29/16 / 15. Juli 2016

Umwelt
Reisen für Privilegierte
Jörg Fischer

Daß sich das Umweltbundesamt (UBA) mehr Sorgen ums Weltklima als um den Erholungsurlaub des heimischen Humankapitals macht, überrascht nicht. Doch die Empfehlungen zum „Umweltschutz auf Reisen“ offenbaren, daß das UBA die Mehrheit der Deutschen für besserverdienend, kerngesund und kinderlos hält. „Wählen Sie für die Anreise bevorzugt Fahrrad, Bus und Bahn“, denn „75 Prozent aller CO2-Emissionen, die dem Tourismus zugerechnet werden, stammen aus dem Verkehr“, behauptet das UBA. Ja, wer von Hannover in die Lüneburger Heide will, kann das auch mit Schulkindern per Drahtesel tun – für die Eltern der restlichen 12,9 Millionen Kinder dürfte das schwieriger werden. Und von Hamburg nach Sylt gibt es seit bald 90 Jahren eine direkte Bahnverbindung, aber der UBA-Tip, „viele Anbieter von Hotels holen Sie am Bahnhof ab“, ist bei Reisen nach Ahrenshoop oder Usedom noch die geringste Geldausgabe.

„Umweltbundesamt hält die Mehrheit der Deutschen für besserverdienend und kinderlos“

„Wählen Sie eine Unterkunft oder einen Reiseanbieter mit Umweltzertifikat, dieses zeigt Ihnen an, daß der Anbieter sich überdurchschnittlich bemüht, Umweltauswirkungen zu mindern, zum Beispiel durch die Verwendung ökologischer Lebensmittel, Energie- oder Wassereinsparungsmaßnahmen“, mahnt das UBA. Doch schon wer von der Dessauer Behörde in den nahen Wörlitzer Park radelt, dürfte mit einem solchen Ansinnen auf Unverständnis stoßen. Ja, beim Flug von Berlin nach Gran Canaria und zurück werden pro Passagier etwa anderthalb Tonnen CO2 emittiert, doch die Reisekosten für eine vierköpfige Familie sind nur halb so hoch wie für einen Rügen-Urlaub. Und da die SPD-geführte Behörde das weiß, soll es nun nicht mehr bei unverbindlichen grünen Empfehlungen bleiben: Die Befreiung des Flugbenzins von der Energie- und die der internationalen Flüge von der Mehrwertsteuer müsse daher gestrichen werden, fordert das UBA.