© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 30/16 / 22. Juli 2016

David Davis. Britanniens Mann für den Brexit ist ein geradliniger Konservativer
Der Vollstrecker
MIchael Walker

David Davis wird der neue „Minister für den Austritt aus der Europäischen Union“ und damit zum ersten – und möglicherweise letzten – „Brexit-Beauftragten“ Großbritanniens. 

Der 67jährige Unterstützer der „Leave“-Kampagne sympathisierte bereits in den achtziger Jahren mit der „euroskeptischen“ Position der damaligen Premierministerin Margaret Thatcher und unterstützte sie 1990 im Streit um den Beitritt Großbritanniens zum Wechselkursmechanismus, der letztlich zu ihrem Rücktritt führte. 

Wie Thatcher und die neue Premierministerin Theresa May – und im Gegensatz zu den Hauptverantwortlichen der von David Cameron geführten Regierung – erhielt Davis seine Ausbildung nicht an elitären Privatschulen und gehört nicht den entsprechenden Netzwerken an. Er studierte Informatik und Molekularwissenschaften, machte einen Master an der London Business School und arbeitete 17 Jahre lang für den Lebensmittelkonzern Tate & Lyle. Davis wurde 1987 im gestandenen Alter von 38 Jahren ins Parlament gewählt. Seither war er Generalsekretär der Torys sowie Innenminister und Vize-Premierminister im Schattenkabinett. 

2008 legte er sein Mandat aus Protest gegen die zunehmende Erosion der Bürgerrechte, insbesondere das von der Labour-Regierung eingebrachte Antiterrorgesetz zur Verlängerung der Festnahme ohne richterlichen Beschluß von 28 auf 42 Tage, nieder. Die Neuwahl gewann er ohne ernsthaften Gegenkandidaten. Die Verlängerung der Festnahmefrist wurde nach einem Veto des Oberhauses gestrichen. 

2015 zählte Davis zu den Konservativen, die sich gegen Bombenangriffe auf Syrien aussprachen. Nach der Veröffentlichung des Chilcot-Berichts zum Irak-Krieg kündigte er an, eine Anzeige wegen Mißachtung des Parlaments gegen Ex-Premier Tony Blair zu stellen. Im Zuge seiner politischen Laufbahn hat er sich sowohl als prinzipientreuer Verfechter der Bürgerrechte als auch als Konservativer einen Namen gemacht, der zwar gegen die Legalisierung der Homsexuellenehe zu Felde zog und für die Wiedereinführung der Todesstrafe ist, sich auf der anderen Seite aber gegen die Einführung von Personalausweisen und die Verlängerung der Inhaftierung ohne Anklage ausgesprochen hat. 

Mit Davis’ Ernennung zum „Brexit-Minister“ setzt May ein unmißverständliches Zeichen: Das Ergebnis des Volksentscheids ist bindend. Davis gilt als umgänglicher Mensch, pragmatisch, prinzipientreu, patriotisch und gebildet, von dem weder undiplomatische Äußerungen, mit denen Kabinettskollege Boris Johnson gerne auf sich aufmerksam macht, noch Kränkungen, wie sie Nigel Farage immer wieder von sich gibt, zu erwarten sind. Die EU-Verhandlungsführer sollten nicht an seiner Entschlossenheit zweifeln, Großbritannien aus der Europäischen Union zu steuern.