© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 30/16 / 22. Juli 2016

Die politische Lücke füllen
Griechenland: Die neugegründete Partei „Neue Rechte“ will für frischen Wind in der Politik sorgen
Curd-Torsten Weick

Electra Palace Hotel in Athen. Der Vorsitzende der neugegründeten Partei „Nea Dexia“ (Neue Rechte) Failos Kranidiotis präsentiert seinen Parteivorstand. Neben ihm sind das der Generalsekretär der Partei, Christos Christidis sowie Vizechef Panajotis Doumas, Unternehmer und ehemaliger stellvertretender Vorsitzender des Athener Handelsverbandes. 

Kranidiotis, seines Zeichens langjähriges Mitglied der konservativen Nea Dimokratia (ND) und enger Vertrauter des ehemaligen Premierministers Antonis Samaras, wurde im März dieses Jahres, kurz nachdem Kyriakos Mitsotakis zum neuen ND-Parteichef gekürt wurde, aus der Partei ausgeschlossen. 

Ein Grexit ist nur etwas für reiche Spekulanten

Der Grund: Der Rechtsanwalt hatte Einwanderungsminister Ioannis Mouzalas (Syriza), der während einesTV-Interviews nicht politisch-korrekt von der ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien, sondern schlicht und einfach von Mazedonien gesprochen hatte,  Hochverrat vorgeworfen und entsprechend dessen Rücktritt gefordert. 

Dies war der Tropfen, der das Faß zum Überlaufen brachte. Die politische Kluft zwischen Kranidiotis, vielen Mitarbeitern des ehemaligen Premierministers, und dem neoliberalen Mitsotakis war unüberseh- und unbrückbar. 

Entsprechend rief Kranidiotis Mitte Mai die Nea Dexia als klar rechtskonservativ ausgerichtete Partei ins Leben. Er glaube nicht nur an die Freiheit, sondern auch an nationale Werte, erklärt der 51jährige und verweist dabei auf eine riesige politische Lücke zwischen der Nea Dimokratia und der rechtsextremen Chrysi Avgi. „Kyriakos Mitsotakis haßt eigentlich die Rechten. Weder er noch sein Vater, Konstantinos, der ehemalige Premierminister von Griechenland, bezeichnen sich als Rechte“, unterstreicht dann auch Generalsekretär Christidis.

 Vor diesem Hintergrund verweist Kranidiotis auf die von ihm abgelehnte Legalisierung von Lebenspartnerschaften für homosexuelle Paare durch das Parlament Ende Dezember 2015. 55 Parlamentarier aus den Reihen der ND hatten dagegen und nur 29 ND-Abgeordnete dafür gestimmt – darunter Mitsotakis. 

Es sei ihm „gleichgültig, was jeder in seinem Bett“ mache, sagt Kranidiotis,  doch gebe es eben einen „großen Unterschied zwischen sexueller Freiheit und dem ‘Recht’ eines homosexuellen Paares zu heiraten und Kinder zu adoptieren“:  „Wir wollen lieber – und das ist für uns Priorität – die griechische Mutter unterstützen. Wir sehen ein großes demographisches Problem und wünschen uns nicht, daß die Griechen sich zu Hethitern entwickeln“, die irgendwann von der Bildfläche verschwinden. 

Überhaupt sei die Partei ein Spiegelbild der griechischen Gesellschaft – fern den herrschenden Berufspolitikern, die nie gearbeitet und nie ihrer Heimat gedient hätten. Neben dem arbeitslosen Pressesprecher Dimitris Gerogiannis fänden sich Unternehmer, Wissenschaftler und Mitglieder des Think-Tanks „Netzwerk der Griechischen Konservativen“, in dem auch viele junge ND-Mitglieder vertreten sind, in der Partei.

Besonders hervorgehoben wird, daß die Vorstandsmitglieder eng mit dem Militär verbunden seien. Alle drei hätten als freiwillige Fallschirmjäger ihrer Heimat gedient. Entsprechend sei der Militärdienst eine der Voraussetzungen, um überhaupt Parteimitglied zu werden, betont Kranidiotis.

Einen Grexit lehnt er mit der Begründung ab, daß ein Ausstieg aus dem Euro vor allem die schwächeren Griechen belasten würde. „Wer die Drachme propagiert, ist ein Narr. Wir sind für eine freie Wirtschaft, aber mit einer starken Aufsichtsfunktion des Staates“.

Vizechef Doumas hebt hervor, daß der Grexit lediglich eine Kampagne von „reichen Spekulanten“ sei, die „ihre Euros ins Ausland verlegt“ hätten. Griechenland könne sich zur Zeit nicht auf seine eigene Wirtschaftskraft verlassen. Der einzig funktionierende  Wirtschaftszweig sei der Tourismus. 

Um wieder auf die Beine zu kommen, so Doumas weiter, müßten diejenigen, die unversteuerte Gelder ins Ausland überwiesen hätten, gezwungen werden, diese Beiträge zurückzutransferieren. Zudem müßten die Griechen, die Bankkonten im Ausland hätten, mit unternehmensfreundlichen Regeln motiviert werden, dem griechischen Bankensystem wieder zu vertrauen, als auch die Tausenden Firmen, die ihren Hauptsitz nach Bulgarien und in andere europäische Länder verlegt hätten, zurückgewonnen werden. 

Doch dies sei ein langer mühsamer Weg, der „mehr oder weniger vom Schicksal der Eurozone im allgemeinen bestimmt“ werde.