© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 31-32/16 / 29. Juli / 05. August 2016

Meckel will raus aus der „Ecke der Ewiggestrigen“
Verbände: Im Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge wächst der Widerstand gegen den Verbandspräsidenten / Es geht um Geld und Einfluß
Michael Paulwitz

Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge droht in die roten Zahlen zu rutschen. Die finanzielle Schieflage hat eine schwelende Debatte um Kurs und Führungsstil von Verbandspräsident Markus Meckel (SPD) zugespitzt. Schon wird über eine Abwahl Meckels auf der vorgezogenen Bundesvertreterversammlung im September spekuliert.

Bis 2020 drohten Fehlbeträge von mehr als 20 Millionen Euro, bestätigte Meckel durchgesickerte Zahlen der Finanzplanung. Spenden und Mitgliedsbeiträge könnten in diesem Zeitraum um vier Prozent und Sammlungen um drei Prozent zurückgehen; dagegen würden „allein aufgrund der Inflation und Tarifsteigerungen“ die Kosten um bis zu zwei Prozent steigen. Damit der Volksbund seine Aufgaben weiter finanzieren könne, müßten „grundlegende Reformen“ umgesetzt werden.

Meckels Kritiker machen freilich nicht zuletzt dessen „Reformen“ für die Schieflage verantwortlich. Der friedensbewegte Pfarrer, in der Wendezeit Mitgründer der Ost-SPD und letzter Außenminister der DDR, hat seit seiner Wahl zum Präsidenten 2013 den Volksbund im Schnellgang politisiert und dem linken Zeitgeist angenähert. Gegen erhebliche Widerstände drückte er ein neues Leitbild durch, in dem der Zweite Weltkrieg als „rassistisch motivierter Vernichtungskrieg“ bezeichnet wird, spekulierte in einer Grabrede über die Anteile gefallener Wehrmachtssoldaten an einer „deutschen Schuld“ und trat für ein Sortieren von Kriegsgräbern nach „Tätern“ und „Opfern“ ein. 

Bereits vor einem Jahr war harte Kritik konservativer Funktionäre und Landesverbände laut geworden: Meckel versuche den Volksbund in eine „Friedensorganisation“ nach Art der „Aktion Sühnezeichen“ umzubauen und könne damit wichtige Spender vor allem aus den Reihen der Traditionsverbände verprellen. Zuvor hatte Meckel einen Appell linker „Antirassismus“-Organisationen unterzeichnet, der die Niederschlagung des Herero-Aufstands in Deutsch-Südwestafrika als „Völkermord“ qualifiziert. 

Fährt der Volksbund         „gegen die Wand“?

Kaum ein Jahr nach Meckels Amtsantritt war 2014 der langjährige Schatzmeister Friedrich Keller, selbst Sozialdemokrat, aus Protest gegen das veränderte Klima durch die „verschobenen Mehrheiten“ im Bundesvorstand zurückgetreten. Meckels neuer „haushaltspolitischer Weg“ werde die Rücklagen und das Vereinskapital absehbar „zügig aufzehren“ und den Volksbund „als selbständige Organisation an die Wand“ fahren. 

Unter Meckel waren mehrere SPD- und Grünen-Politiker neu in den Bundesvorstand aufgerückt. Die Landesverbandsvorsitzenden stehen in Opposition zur Bundesführung Meckels, der mit seinen politischen Positionierungen den Volksbund aus der „Ecke der Ewiggestrigen“ holen will – es stehe „16 zu null“, sagt einer von ihnen gegenüber den Medien. Kritiker wie Meckels Parteifreund Karl Starzacher, Chef des hessischen Volksbunds, verneinen zwar inhaltliche Differenzen und verweisen vor allem auf Meckels „autoritären“ Führungsstil. Doch unstreitig geht es um mehr als nur „Mobbing“ gegen einen ehrenamtlichen Präsidenten, wie die Welt mit Blick auf „kleinkarierte“ Vorwürfe zu Meckels Finanzgebaren verharmlost.

In ihren gewohnheitsrechtlichen Kompetenzen beschnitten fühlt sich auch die hauptamtliche Generalsekretärin Daniela Schily durch den harsch auf seine Weisungsbefugnis pochenden Präsidenten. Zwischen den beiden Hauptprotagonisten des Machtkampfs bestehen deutliche strategische Differenzen. Zwar räumt auch Schily ein, daß die Zahl der Förderer aus der „Kriegs- und Kriegskindergeneration“ unvermeidlich abnimmt. Gleichzeitig verweist sie in einem Schreiben an die Spender darauf, daß man im vergangenen Jahr mehr Beiträge und Spenden eingenommen habe als je zuvor, und pocht darauf, daß der Verband „auch künftig unabhängig vom Staat“ bleiben müsse. Bund und Länder steuern derzeit 13 Millionen Euro jährlich zum Budget des Volksbundes bei, 30 Millionen oder rund 70 Prozent nimmt der Verband selbst ein. 

Meckel strebt dagegen eine Erhöhung der öffentlichen Zuschüsse an: Er sei „seit Monaten im Gespräch mit der Bundesregierung und dem Deutschen Bundestag“, verlautete er in seiner Stellungnahme zur Finanzkrise, in der Politik sei „die Bereitschaft groß“. Meckel schreibt das der von ihm betriebenen Neuausrichtung zu. An der Frage, ob besserer Zugang zu den staatlichen Fleischtöpfen die Aufgabe der bislang hochgehaltenen politischen Neutralität wert ist, scheiden sich im Volksbund die Geister.