© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 33/16 / 12. August 2016

„Konfrontativer werden“
Bundeszentrale für politische Bildung: Im Zuge der Asylkrise schießt sich die Behörde mehr und mehr auf die AfD ein
Felix Krautkrämer

Wenige Wochen vor den Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin sorgen sich immer mehr Unionspolitiker, ihre Partei könnte bei den Urnengängen einmal mehr für die Flüchtlingspolitik der Bundesrepublik abgestraft werden. CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn gab Angela Merkel unlängst im RBB eine Mitschuld am Erstarken der AfD. Deren Wahlergebnisse seien eine Gegenreaktion auf die Entscheidungen der Kanzlerin in der Asylkrise. Fieberhaft sucht die Union deshalb nun nach Möglichkeiten, wie sie an die AfD verlorene Wähler zurückgewinnen könnte. 

Schützenhilfe winkt ihr dabei möglicherweise von der Bundeszentrale für politische Bildung (BpB). Die dem Bundesinnenministerium unterstehende Behörde beobachtet schon seit längerem, daß die Themen Flucht, Migration und Integration die politische Bildung vor neue „Herausforderungen“ stellen. Doch wie damit umgehen? Auf einer Konferenz der Fachbereichsleiter mit dem Präsidenten der Bundeszentrale, Thomas Krüger, versuchte die BpB Mitte Mai, Antworten auf die Frage zu finden. Wichtiges Thema auch hier: die AfD. Laut Fachbereich D („Print“, Leitung: Hans-Georg Golz), der unter anderem die Schriftenreihe sowie die BpB-Zeitschriften Informationen zur politischen Bildung und Aus Politik und Zeitgeschichte verantwortet, sei zu erwarten, daß die AfD das Thema „Gewalt gegen Christen“ aufgreifen werde. Daher stelle sich die Frage „Wie könnten BpB-Angebote diesen Topos entkräften?“ So zumindest steht es in einer Diskussionsskizze der Leitungskonferenz, die der JUNGEN FREIHEIT vorliegt. Auch „sexualisierte Gewalt – abseits von Köln“ sei ein Aspekt, den die BpB aufgreifen sollte. 

Der Fachbereich A („Grundsatz“, Leitung: Asiye Öztürk) gab zu bedenken, daß die Integrationsdebatte durch die Flüchtlingsthematik wieder an Aktualität gewonnen habe. Daher sei es wichtig, „eine reifere Diskussion um Heterogenität zu initiieren und zu begleiten“. Denn diese unterliege derzeit „Kurzschlüssen“. Die Frage der „Integration von Flüchtlingen“ und die „Diskussion um Heterogenität“ müßten gemeinsam behandelt werden. Bei BpB-Präsident Krüger stieß Öztürk damit auf offene Ohren. Neben den „Fragen der Pluralität“ sollten aber auch „Gender Role Models“ bei der Flüchtlingsthematik als Aspekt behandelt werden. Dies könne beispielsweise mit einer zwei- oder dreisprachigen „Essay-Reihe“ geschehen. 

Erst im vergangenen Jahr war der Etat der Bundeszentrale für 2016 um elf auf knapp 50 Millionen Euro erhöht worden. Dieser „neue Ressourcengewinn“, so Krüger, sei hauptsächlich mit den Herausforderungen der Asylkrise begründet worden. Das Thema habe daher für alle Fachbereiche Priorität. 

Dazu gehört laut Fachbereich I („Extremismus, Leitung: Hanne Wurzel) auch die „Propaganda“ in den Sozialen Netzwerken sowie das Thema „Hate Speech“. Hierfür müßten pädagogische Konzepte entwickelt werden. Der Fachbereich B („Veranstaltungen“, Leitung: Petra Grüne) forderte in diesem Zusammenhang, sich auch mit der „Internetstrategie der AfD“ auseinanderzusetzen. 

Wie genau das aussehen soll, bleibt allerdings offen. Auf Nachfrage gibt sich die Bundeszentrale zugeknöpft. Die Leitungskonferenz sei eine interne Sitzung, deren Inhalte nicht publik gemacht würden, teilte eine Sprecherin mit. Die BpB nehme daher zu solchen Fragen keine Stellung. Allerdings, ergänzte die Sprecherin, gebe die Leitungskonferenz nur den internen Diskussionsstand wieder, „nicht aber eine Entscheidung der Hausleitung“. 

Das letzte Wort in der Frage, wie die BpB auf das Erstarken der AfD und den wachsenden Unmut der Bevölkerung über die Asylpolitik der Bundesregierung reagiert, liegt somit bei Thomas Krüger. Der hatte auf der Sitzung im Mai für seine Fachbereichsleiter zumindest schon mal einen Rat parat: „Insgesamt“, mahnte der frühere SPD-Politiker laut Protokoll, müsse die Bundeszentrale „konfrontativer werden“.