© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 33/16 / 12. August 2016

Unter den Rädern seiner eigenen Disziplinlosigkeit
USA: Statt die Schwächen seiner Widersacherin Hillary Clinton zu nutzen, stellt sich Donald Trump lieber selbst ein Bein
Thorsten Brückner

Es waren zwei miserable Wochen für den republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump. Nur wenige Tage nach dem Parteitag der Republikaner in Cleveland zeigte Hillary Clinton dem Immobilienunternehmer, wie eine erfolgreiche Parteitagsinszenierung auszusehen hat: Anders als die düsteren Untergangsszenarien, die Trump in seiner Convention-Rede zeichnete, appellierte der scheidende Präsident Barack Obama in seiner emotionalen wie rhetorisch brillanten Parteitagsrede an den Optimismus der Amerikaner. 

Das zu einem Zeitpunkt, an dem nur 17 Prozent von ihnen laut einer jüngsten Gallup-Erhebung glauben, ihr Land bewege sich in die richtige Richtung. Vizepräsident Joe Biden hielt eine ebenso volkstümliche wie emotionale Unterstützungsrede. Selbst der frühere New Yorker Bürgermeister und Ex-Republikaner Michael Bloomberg („Laßt uns eine vernünftige Person wählen“)  bekundete, am 8. November für Hillary stimmen zu wollen.

Währenddessen kam Trump unter die Räder seiner eigenen Disziplinlosigkeit. Moskau ermutigte er, Clintons rund 30.000 gelöschte E-Mails zu veröffentlichen. Eine Aufforderung an eine ausländische Macht, Staatsgeheimnisse der USA auszuspionieren. Der Hintergrund: Clinton hatte während ihrer Zeit als Außenministerin als vertraulich deklarierte E-Mails auf einem privaten Server gespeichert.  Rund die Hälfte der 60.000 Nachrichten übergab sie aber nicht dem FBI, das gegen sie ermittelte. Sie seien gelöscht, respektive nicht mehr auffindbar, erklärte sie.

Trump rechtfertigte seine Aufforderung an Rußland, Clinton bloßzustellen später damit, es sei als Witz gemeint gewesen. Wieder einmal wurde Trump auch seine Neigung zum Verhängnis, stets das letzte Wort haben zu müssen. 

Trumps Wahlkampfteam kommt ins Schwitzen

Als auf dem Parteitag der Demokraten der Vater eines im Irak-Krieg durch eine Autobombe ums Leben gekommenen muslimischen Soldaten Trump heftig kritisierte, schoß dieser zurück. Auf Twitter fragte er sarkastisch, warum nur der Vater des Getöteten, aber nicht dessen daneben stehende Mutter sprechen durfte.  „Wahrscheinlich durfte sie nicht reden“, mutmaßte Trump in Anspielung auf die in muslimischen Kreisen weitverbreitete Geschlechterdiskriminierung. US-Medien stellten die Äußerung so dar, als habe Trump die Familie eines Kriegshelden angegriffen.

Nur einige Zeit später sorgte ein Bericht des TV-Senders MSNBC für Furore. Darin wird Trump vorgeworfen, einen namentlich nicht genannten Experten für Außenpolitik bei einem Briefing mehrfach gefragt zu haben, warum die Vereinigten Staaten ihre Atomwaffen nicht auch mal einsetzen würden? Trumps Wahlkampfteam wies den Bericht zurück, aber allein die Tatsache, daß sich viele US-Amerikaner überhaupt vorstellen können, daß der Republikaner-Kandidat genau das gesagt haben könnte, spricht Bände. 

Wie offen der Konflikt innerhalb der Republikanischen Partei tobt, zeigt die Weigerung Trumps, den Speaker des Repräsentantenhauses Paul Ryan, in dessen Vorwahlkampf zu unterstützen. „Ich bin noch nicht soweit“, sagte Trump und benutzte damit dieselben Worte, mit denen Ryan im Mai seine Unterstützung für Trump lange im unklaren ließ. Trumps Vizepräsidentschaftskandidat Mike Pence hingegen gab kurz darauf bekannt, er halte zu Ryan. Angeblich tat er dies mit Trumps Segen.

Elf Prozentpunkte beträgt laut der jüngsten Umfrage von Fox News der Vorsprung für Clinton. Das ist trotz des üblichen Parteitagsbonusses, den Kandidaten stets unmittelbar nach den Conventions genießen, eine Menge. Auch Umfragen in den am 8. November entscheidenden Swing States müssen dem Trump-Lager zu denken geben. In New Hamsphire beträgt Clintons Vorsprung auf Trump 15 Prozent, in Pennsylvania sind es elf, in Michigan neun und in Florida sechs Prozent. Zumindest ohne den letztgenannten Bundesstaat dürfte Trump der Einzug ins Oval Office verwehrt bleiben. Entsprechend suchte er Anfang dieser Woche mit dem Versprechen von Steuersenkungen Sympathien  zurückzugewinnen.