© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 34/16 / 19. August 2016

Grüße aus Wien
Auf zum Pantscherln
René-Lysander Scheibe

Das „Pantscherl“ gehört zu den größten kleinen Freuden des Wieners. Neben Heurigembesuch, Boulevardpresse, Würstelstand und Begräbnissen. Worum handelt es sich dabei? 

Beim Pantscherl handelt es sich um eine formlose Liaison auf erotischer Grundlage. Es dauert Minuten oder Jahre und ist nicht-exklusiv und schließt eine Ehe mit Dritten keineswegs aus.

Wie damit beginnen? Ist es doch schwieriger als ein Kaffeehausbesuch, vor allem wenn der Oberkellner gut und erfahren ist? Traditionalisten lehnen Internetvermittlung ab, das bringt nichts, und wenn doch, geht es in Richtung Ehe, was der Sache an sich widerspricht. Zudem ist meist Geld zu bezahlen, und zwar bevor man der Kandidatin oder des Kandidaten ansichtig wird.

Zunächst bietet sich an, das angedachte Pläsirchen mit einem vertrauten zu verbinden, also mit Kaffeehaus, Heurigenbesuch oder Würstelstand. Im übrigen: Die in Deutschland „Wiener“ genannte schlanke Brühwurst heißt in Wien „Frankfurter“, und wir wissen nicht, ob dieses an der Oder liegt oder am Main.

Was das Anbändeln eines Panscherls anlangt, ist der Wolfsabkömmling kaum zu schlagen.

Schicke Damen bevorzugen intelligente Männer, aber nicht alle Würstlstandbesucher gehören dieser Gruppe an. Ermutigt durch den alten Werbespruch „Wurstesser sind bessere Liebhaber!“ rutschen ihm dann vielleicht wenig adäquate Komplimente heraus:„Sie san ja schärfa als mei Ölpfefferoni da ...“

Aber nicht nur der Zweibeiner mag Wurst, auch der Vierbeiner. So kommen wir auf den Hund. Denn er ziert den Mann und die Dame sowieso. Was das Anbändeln eines Pantscherls anlangt ist der Wolfsabkömmling kaum zu schlagen. 

Denn während wir bei flüchtigen Kontakten, auch wenn sie entscheidend vertieft werden sollen, uns scheuen, gleich eingangs über unser Alter, unseren Gesundheitszustand oder die Haarpflege Auskunft zu geben, so bestehen Bedenken dieser Art keinesfalls, wenn es um den besten Freund des Menschen geht. Auch die Sorge um die korrekte Anrede und den Namen sind schnell ausgeräumt. So aber kommt der Zweibeiner mit dem anderen Geschlecht zwanglos ins Gespräch, es bedarf – anfangs –  auch keiner Investition in einem Gastronomiebetrieb. 

Es plaudert sich so leicht, beispielsweise am Heldenplatz unweit von Prinz Eugen und Erzherzog Karl. Zur Intensivierung der neuen Bekanntschaft reicht der Vorschlag, sich zu einem gemeinsamen Hundespaziergang zu verabreden.