© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 35/16 / 26. August 2016

Demokratisch ist, was wir dafür halten
Geschäftsmodell der Amadeu-Antonio-Stiftung: Moralisch und finanziell einträglich gegen Andersdenkende agitieren
Lukas Steinwandter / Martin Voigt

Wer bei der Amadeu-Antonio-Stiftung (AAS) anruft und nachfragt, wie er sich gegen die AfD in seinem Wahlbezirk stark machen könne, bekommt umgehend Tips einer Mitarbeiterin. Als erstes informiert sie über eine Handreichung, die „Handlungsempfehlungen zum Umgang mit der AfD“ gibt. Darin wird die AfD als eine Partei beschrieben, „die rassistische und menschenfeindliche Ressentiments bedient und dazu beiträgt, Hetze und Abwertung von Menschen zu normalisieren“.

Die Argumente von AfD-Sympathisanten sollen stets „auf ihre strafrechtliche Relevanz“ hin geprüft werden. Doch am besten, es komme gar nicht erst zum offenen Diskurs. Der AfD solle nämlich auf keinen Fall eine Bühne geboten werden, notfalls sei vom Hausrecht Gebrauch zu machen. Dies gelte wegen ihrer „undemokratischen Positionen“ auch für Schulen, die eigentlich keine demokratische Partei bevorzugen oder benachteiligen dürfen. Auf Kinder- und Familienfesten sollten die Ziele anwesender AfD-Vertreter bloßgestellt werden.

Falls die Broschüre nicht ausreiche, um das persönliche Umfeld AfD-frei zu gestalten, so die Mitarbeiterin am Telefon, könne eine Förderung beantragt werden, um mit einer Initiative oder einem Verein gegen die AfD vorzugehen. Voraussetzung für immerhin bis zu 2.500 Euro Förderung sei der Nachweis einer Gemeinnützigkeit. Eine Informationsveranstaltung im Sportverein würde prima passen, begeisterte sich die Mitarbeiterin, oder eine Kunstaktion, die viele Leute anspräche. Die Gesellschaft sei schließlich vielfältig und bunt und wäre viel schöner ohne die AfD. Um dies aufzuzeigen, seien der Kreativität keine Grenzen gesetzt.

Im Stiftungsrat sitzt auch der Verfassungsschutz

Die AAS wurde 1998 mit dem Ziel gegründet, „eine demokratische Zivilgesellschaft zu stärken, die sich konsequent gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus wendet“. Namensgeber war Amadeu Antonio Kiowa, ein 1990 im brandenburgischen Eberswalde von Rechtsextremen totgeschlagener Angolaner. Nach eigenen Angaben hat die Stiftung in Deutschland bisher mehr als tausend lokale Initiativen und Projekte unterstützt und beschäftigt inzwischen mehr als 30 Mitarbeiter.

„Wichtigste Aufgabe der Stiftung ist es, die Projekte über eine finanzielle Unterstützung hinaus zu ermutigen, Öffentlichkeit für ihre Situation zu schaffen und sie zu vernetzen.“ Neben dem Bundesfamilienministerium gibt die Organisation die Freudenberg-Stiftung (Weinheim) als engen Förderer an: „Diese partnerschaftliche Unterstützung ist sehr hilfreich.“ Sowohl die Wochenzeitung Die Zeit, die beim „Netz gegen Nazis“ mitwirkt, als auch das Magazin Stern und die „Regionalen Arbeitsstellen für Bildung, Integration und Demokratie“ kooperieren mit der AAS, die mit Dutzenden weiteren Projekten und Initiativen vernetzt ist. Soziale Netzwerke wie Twitter und Facebook und auch das Videoportal Youtube arbeiten mit der AAS zusammen, wie ein Sprecher des Google-Unternehmens dem Jugendportal „BYou“ bestätigte.

Vorstandsvorsitzende ist Anetta Kahane, Journalistin und Ex-Stasi-Zuträgerin („IM ‘Victoria’“). Kahane war in der Vergangenheit mit rassistischen Äußerungen aufgefallen. So hatte sie beklagt, daß in den neuen Bundesländern noch immer zu viele Weiße lebten. Laut Kahane sei es „die größte Bankrotterklärung“ der deutschen Politik seit der Wiedervereinigung, „daß ein Drittel des Staatsgebiets weiß“ geblieben sei. Ihre Stellvertreterin ist Pia Gerber, Geschäftsführerin der Freudenberg-Stiftung. Gerber, die sich „schon in ihrer Abschlußarbeit im Studium“ mit Rechtsextremismus beschäftigt hatte, sitzt außerdem im Integrationsbeirat der Bundesregierung.

Dem Stiftungsrat der AAS gehören sechs Personen an, darunter einflußreiche Journalisten: Andrea Böhm ist Mitarbeiterin des Politik-Ressorts der Zeit, Petra Lidschreiber ist Redakteurin beim RBB.

Neben der Vorsitzenden Kahane sorgte auch das Beiratsmitglied Stephan Kramer in jüngster Vergangenheit für Schlagzeilen. Der 48 Jahre alte Beamte war von 2004 bis 2014 Generalsekretär des Zentralrates der Juden in Deutschland und ist heute Präsident des Amtes für Verfassungsschutz Thüringen. Dessen dunkelrot-rot-grüne Landesregierung hatte eine „Dokumentationsstelle für Menschenrechte, Grundrechte und Demokratie“ eingerichtet, die seit August von der AAS getragen wird. 

Leiter der „Dokumentationsstelle“ ist laut Nachrichtenagentur dpa seit dem 1. August Matthias Quent. Dieser ist ein ehemaliger Mitarbeiter der Thüringer Linkspartei-Abgeordneten Katharina König. König wiederum ist Tochter des Antifa-Pfarrers Lothar König, der über hervorragende Kontakte in die linksextreme Szene verfügt. Quent war nach dpa-Angaben der einzige Bewerber auf die Stelle. Die Opposition wirft der Regierung vor, das Projekt nicht öffentlich ausgeschrieben zu haben.

Geförderte Initiativen dienen dem „Kampf gegen Rechts“

Für Aufsehen gesorgt hat die AAS mit ihrer Broschüre „Hetze gegen Flüchtlinge in sozialen Medien – Handlungsempfehlungen“. Die Empfehlungen zum Argumentieren, Löschen, Blocken bis hin zur Strafverfolgung richten sich an all jene, die glauben, einen „Haßkommentar“ identifiziert zu haben. Haß auf Asylbewerber scheint nach den Maßstäben, die im Hause Kahane gelten, ein virtuelles Massenphänomen zu sein: Der polarisierende Gebrauch der Wörtchen „wir“ und „die“, Pauschalisierungen wie „Flüchtling = Muslim“ oder „Projektionen von gesamtgesellschaftlichen Problemen wie Sexismus, Kriminalität oder Wohnungsmangel“ auf Asylbewerber werden als Beispiele genannt.

„Lügen über Geflüchtete und angebliche Kriminalität, Gewalt, Vergewaltigungen, gefälschte Behördendokumente“ oder Beschwerden über „die Lügenpresse“ stehen ebenfalls auf dem Haß-Indikator der Stiftung. Auch Abwertungen wie „Wirtschaftsflüchtling“ suggerierten böswillig, „daß das Grundrecht auf Asyl hier von Menschen ausgenutzt werde, die nur aus wirtschaftlichen Gründen nach Deutschland kommen, nicht, weil sie Schutz vor Verfolgung suchen“. Rassistische Hetze werde übrigens manches Mal als Satire oder Humor getarnt, hinter rationaler Argumentation stehe oft genug emotionaler Haß.

„Haßredner und ihre Codes“ sollen identifiziert werden, schrieb Justizminister Heiko Maas (SPD) in seinem Geleitwort. Der Minister zählt die AAS zu seiner „Task Force“ gegen rassistische Hetze. Unter dem Motto „Handeln statt zusehen“ empfehlen auch das Bundesinnenministerium und das Bundeskriminalamt den vom Bundesfamilienministerium geförderten Leitfaden.

Im vergangenen Jahr förderte die AAS 128 externe Projekte. Das Gros der mit Geld geförderten Initiativen dient dem „Kampf gegen Rechts“ oder der Hilfe von Opfern rechtsextremistischer Gewalt. Eine Anfrage der JF, ob sich unter den geförderten Projekten auch welche auf die Eindämmung des Linksextremismus gerichtet hätten, ließ die AAS bis Redaktionsschluß unbeantwortet. Überdies haben sich Projekte gegen Anti­semitismus und für Multikultur im vergangenen Jahr erfolgreich um Förderung beworben. Zum Beispiel initiierte das „Kulturbüro Sachsen e. V.“ gemeinsam mit dem „Initiativkreis: Menschen.Würdig.“ ein Symposion in Leipzig mit dem Titel „Das Wohnen lernen? Unterbringungspraxis von Geflüchteten und Wege zum selbstbestimmten Wohnen“. Neben der AAS zählten zu den „Kooperationspartner*innen“ auch der Verein Pro Asyl und die Rosa-Luxemburg-Stiftung. Im Netz wurde die Tagung vom Bündnis „Refugees Welcome“ Leipzig beworben, ein linksextremer Blog, der zu einem „radikal linken Aufruf zum nächsten Legida-Montag“ mobilisiert oder einen Online-Laden für linksextreme Szenekleidung bewirbt. Auch bei vielen anderen von der AAS unterstützten Projekten, in deren Namen „Rassismus“ oder „Rechtsradikalismus“ steht, gibt es Querverbindungen in die linksextreme Szene.

Querverbindungen ins linksextreme Milieu

Die AAS hat einen weiten Unterstützerkreis im Bund. Vor allem das Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) zeigt sich großzügig. Projekte der AAS im Zeitraum 2012 bis 2016 förderte das BMFSFJ mit 1.770.000 Millionen Euro, sagte ein Sprecher gegenüber der JUNGEN FREIHEIT. Im Durchschnitt dieser fünf Jahre also 354.000 Euro per anno. Über das Bundesministerium des Innern flossen zwischen 2011 und 2014 knapp 424.000 Euro in die Stiftung.

Ein regelmäßiger Geldgeber ist auch die Bundeszentrale für politische Bildung (BpB). Von September 2015 bis Oktober 2016 gibt es 87.000 Euro. Zusätzlich bewilligt die BpB für 2016 ein Jahreskontingent von 13.000 Euro und weitere Sondermittel. Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz hat zwischen 2010 und 2015 18.000 Euro zur Verfügung gestellt. Über 207.000 Euro der Thüringer Landesregierung flossen für die „Dokumentationsstelle“ in die Töpfe der Stiftung.

Wie den Jahresbilanzen auf der Netzseite der Amadeu-Antonio-Stiftung zu entnehmen ist, stehen den Zuschüssen auch Spenden in nennenswerter Höhe gegenüber. Im Jahr 2014 etwa summierten sich Förderungen von 870.000 Euro, Spenden in Höhe von 721.000 Euro und sonstige, nicht näher bezeichnete Erträge von rund 66.000 Euro. Davon wurden 793.000 Euro für Honorare und Projektkosten, 170.000 für Projektförderungen und 578.000 Euro für Personalkosten aufgewendet.

Von 2009 bis 2014 belief sich die staatliche Fördersumme den Bilanzen zufolge insgesamt auf 5.454.000 Euro – per anno im Schnitt mehr als 900.000 Euro. Im selben Zeitraum erhielt die Amadeu-Antonio-Stiftung Spenden in Höhe von 2.406.000 Euro, durchschnittlich also über 400.000 Euro jährlich. In jedem Jahr konnte ein fünfstelliger Überschuß bilanziert werden. Der ist wegen der Gemeinnützigkeit der Stiftung steuerfrei. Für das Jahr 2015 liegen noch keine Angaben vor.

Ausweislich der Bilanz zum 31. Dezember 2014 beläuft sich das Stiftungskapital auf 380.000 Euro. Aus den Überschüssen hat die Stiftung Rücklagen gebildet. Diese belaufen sich einschließlich Mittelvortrag auf 1,28 Millionen Euro.