© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 35/16 / 26. August 2016

Thalers Streifzüge
Thorsten Thaler

Uwe Eric Laufenberg ist ein kleines Kunststück gelungen. Der Regisseur der diesjährigen „Parsifal“-Neuinszenierung bei den Bayreuther Festspielen (JF 33/16) hat im Kulturbetrieb eine Debatte über das Regietheater losgetreten, ohne diese Totschlagvokabel überhaupt zu verwenden. Auch andere einschlägige Reizbegriffe wie „Werktreue“ kommen bei ihm nicht vor. Weil er sich von den Feuilletonkritikern ungerecht behandelt fühlt, hat er eine „Antwort an die Schnellvernichter“ verfaßt und diese auf dem Internetportal nachtkritik.de veröffentlicht. Darin liest er den Kritikern gehörig die Leviten. „Große Teile des etablierten Feuilletons“, so Laufenberg, hätten sich „in ein geschlossenes System begeben, das die unvoreingenommene Betrachtung eines Theater- oder Opernabends nicht mehr zuläßt“. Dieses System fordere die „Überschreibung, wenn möglich vollständige Übermalung“ des Werks durch die Inszenierung. Das eigentliche Stück dürfe nicht vorkommen, schreibt der Regisseur in deutlicher Anspielung auf das Regietheater. Das Mantra dieses Systems laute: „Fidelio kann überall spielen, nur nicht im Gefängnis.“


Fundstück der Woche bei meinem Facebook-Freund Rainer G., das ich mir mit liebem Dank vollempfänglich zu eigen mache: „Jedesmal, wenn ich in einem Museum die alten Meister hinter mir lasse und die Abteilung Modern Art betrete, kommt es mir vor, als käme ich aus einer Kathedrale auf einen Schrottplatz.“


So richtig Laufenberg mit seiner Kritik auch liegen mag: Das Problem sind nicht in erster Linie die Feuilletonkritiker. Verantwortlich für den von ihnen gefeierten Unsinn auf deutschen Bühnen sind und bleiben Angehörige von Laufenbergs eigener Zunft: die Regisseure. Sie inszenieren schließlich diesen, so der Theatermacher, vom Ausland belächelten „German Trash“.


Das vom Bundesinnenministerium am Mittwoch dieser Woche vorgestellte „Konzept für die Zivilverteidigung“ und die vorab gemeldete Aufforderung, sich für den Notfall Vorräte anzulegen, haben in den Online-Netzwerken eine Vielzahl von launigen Kommentaren hervorgerufen. Einen der schönsten entdeckte ich bei Matthias Matussek, der sich an ein Gedicht von Gottfried Benn erinnert fühlt. Der Anfang geht so: „Was meinte Luther mit dem Apfelbaum? / Mir ist es gleich – auch Untergang ist Traum – / Ich stehe hier in meinem Apfelgarten / Und kann den Untergang getrost erwarten – / ich bin in Gott, der außerhalb der Welt / Noch manchen Trumpf in seinem Skatblatt hält.“