© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 35/16 / 26. August 2016

Die Gängelung der Bürger beenden
Für ein liberales Waffenrecht auch in Deutschland: Die German Rifle Association schießt mit treffenden Argumenten
Bernd Rademacher

Die junge Frau hält eine geladene 9-Millimeter-Pistole in ihren zarten Händen mit den rot lackierten Nägeln. Sie kneift konzentriert das linke Auge zu. Ein Feuerstoß blitzt aus der Mündung – Schüsse fallen, Patronenhülsen fliegen zu Boden. Sie zieht sich den Gehörschutz vom Kopf; die umstehenden Männer applaudieren.

Es ist die monatliche Schnupper-Schießveranstaltung der „German Rifle Association“. Der Verein versteht sich als Graswurzelbewegung für ein liberales Waffenrecht in Deutschland. Gegründet wurde die GRA von dem Sauerländer Sportschützen Marc Schieferdecker. Der 39jährige sagt der JUNGEN FREIHEIT: „Liberales Waffenrecht heißt nicht ‘Knarren für alle’, sondern wir wollen ein Gesetz, das einerseits dem allgemeinen Sicherheitsanspruch gerecht wird, andererseits aber die Gängelung der Bürger beendet. Dafür wollen wir Vorurteile und irrationale Ängste ausräumen.“

„Ihr wollt doch amerikanische Verhältnisse!“

1972 wurden die unterschiedlichen Waffengesetze der Länder in ein restriktives Bundesrecht überführt, das seitdem stetig verschärft wurde. Das deutsche Waffenrecht ist das komplexeste Gesetz nach dem Steuerrecht. Nun will die EU die Waffenbestimmungen der Mitgliedsländer einheitlich verschärfen. Als Grund muß der Terror herhalten, als ob Terroristen ihre Anschläge mit legal erworbenen und registrierten Schußwaffen begehen würden.

Familienvater Schieferdecker kommentiert schlüssig: „Waffengesetze erhöhen nicht die Sicherheit, sondern gängeln nur die Bürger, die sich an Gesetze halten.“ In Deutschland gibt es ca. 1,6 Millionen registrierte Waffenbesitzer mit insgesamt rund fünf Millionen Schußwaffen. Dem stehen nach Schätzungen des BKA 20 bis 40 Millionen illegale Schußwaffen gegenüber. 2014 wurden laut Polizeilicher Kriminalstatistik 434 Schußwaffen bei Straftaten benutzt, das waren 0,2 Prozent aller Delikte. 75 Prozent der Waffen waren erlaubnisfreie Gaspistolen; 4,9 Prozent legal erworbene und registrierte Schußwaffen. Der GRA-Gründer dazu: „Die Gleichung ‘Mehr Schußwaffen = mehr Tote’ stimmt nicht: Beispiel Schweiz – dort gibt es in sehr vielen Haushalten Schußwaffen, aber nur sehr wenige Verbrechensopfer.“

Der Standardvorwurf an die GRA-Aktivisten lautet: „Ihr wollt doch amerikanische Verhältnisse!“ Aber wie sehen die wirklich aus? Die Waffengesetze in den USA sind stark unterschiedlich. In New York oder Kalifornien ist es ebenso schwer, eine legale Waffe zu erwerben wie hier. Belastbare Zahlen gibt es für 2009 und 2013. In diesen Jahren starben 31.347 beziehungsweise 33.636 Amerikaner durch Schußwaffen. Das sind etwa zehn Personen pro 100.000 Einwohner (bei 320 Millionen Einwohnern). Davon waren fast zwei Drittel Selbstmörder, die sich auch ohne Schußwaffen hätten umbringen können. Die übrigen verteilten sich auf gerundet 500 Unfälle, 300 Polizeieinsätze und 200 „unklare Situationen“. Der große Rest sind Schießereien in kriminellen Milieus – mit nicht legalen Waffen! Bei einer Befragung von Gefängnis­insassen 2004 gaben 40 Prozent an, ihre Waffe illegal bezogen zu haben. 30 Prozent hatten sie von Freunden und nur elf Prozent legal gekauft.

Vergleiche belegen, daß sich die Kriminalität in Bundesstaaten mit liberalem Waffenrecht rückläufig entwickelt, während sie in solchen mit Beschränkungen des Waffenbesitzes steigt. In Florida ging nach Einführung der Waffentrageerlaubnis 1987 die Zahl der Tötungsdelikte mit Schußwaffen um 30 Prozent zurück. Im stark regulierten Kalifornien stieg sie dagegen zur gleichen Zeit. Das gilt auch für die Gesamt-USA: Seit 1993 steigt die Zahl der Waffen, während die Mordrate mit Schußwaffen sinkt. Alle Bundesstaaten, in denen der prozentuale Waffenbesitz deutlich höher als der nationale liegt, weisen eine eminent niedrigere Mordrate als der Gesamtdurchschnitt auf. Das gibt zu denken.

Durch Waffenbesitzpflicht kein einziger Mord mehr

Der Beweis liegt im US-Bundesstaat Georgia: Das Städtchen Kennesaw (21.000 Einwohner) ist der Alptraum aller Pazifisten. In dem Vorort von Atlanta dürfen die Bürgerinnen und Bürger nicht nur Schußwaffen tragen – sie müssen! Alle Erwachsenen sind verpflichtet, eine Feuerwaffe nebst Munition schußbereit im Haushalt zu haben. Vor der Einführung des Gesetzes 1982 übertrafen sich die Medien mit Horrorvisionen: Es würde massenhaft Tote geben; jeder Nachbarschaftsstreit würde zur Schießerei eskalieren. Es passierte das Gegenteil! Die Kriminalitätsrate sank abrupt um mehr als 90 Prozent; seit 25 Jahren gab es keinen Mord mehr. Kein Wunder: Waffen disziplinieren. Wer nicht lebensmüde ist, verhält sich hier hübsch friedlich. Folge: Eine Familienzeitschrift wählte Kennesaw unter die zehn amerikanischen Orte mit der höchsten Lebensqualität.

Fazit der GRA: „Den Waffengegnern geht es nicht darum, Waffen aus der Welt zu schaffen, sondern den Besitz nur dem Staat vorzubehalten. Das schneidet lediglich die gesetzestreuen Bürger von Waffen ab, weil sich Kriminelle nicht an Waffengesetze halten.“

Schnupper-Schießtag bei der German Rifle Association einmal monatlich in Bochum ab 14 Jahren für 75 Euro alles inklusive

 german-rifle-association.de