© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 37/16 / 09. September 2016

Lesereinspruch

Wütender Egomane

Zu: „Reformationsjubiläum 2017: Die EKD distanziert sich von Martin Luther / Feier der theologischen Harmlosigkeit“ (JF 34/16)

Daß überzeugte Protestanten bei Kritik an Luther, besonders wenn sie von der EKD kommt, um evangelische Glaubenssubstanz fürchten, kann ich nachvollziehen. Doch der hier zustimmend zitierten Verteidigung Luthers durch die Berliner Kirchenhistorikerin Dorothea Wendebourg kann ich nicht folgen. Denn Martin Luther vertritt in seiner Schrift „Von den Juden und ihren Luegen“ keineswegs einen christlich-theologischen Antijudaismus, sondern einen hetzerischen, ja rassistischen Antisemitismus, wenn er etwa auf den „Schweiß der Nase“ anspielt, in dem die vermeintlich ausbeuterischen Juden endlich einmal arbeiten sollten. Zudem dachte Luther die „Reichspogromnacht“ voraus, hatte Luther den Nationalsozialisten hier doch Handlungsanweisungen hinterlassen. Auch andernorts sein sadistischer Ausfall gegen den Papst und die Bischöfe, deren Zungen man an den Galgen nageln solle, läßt mich in Luther einen wütenden Egomanen erkennen, dessen „Christus allein“ mich daher nicht anzurühren vermag.

Klaus Elmar Müller, Burgbrohl