© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 37/16 / 09. September 2016

CD-Kritik: Maureen Forrester
Wilder Schmerz
Sebastian Hennig

Die kanadische Altistin Maureen Forrester trat aus einem Kirchenchor in ihre Solistenlaufbahn ein. Den ersten durchschlagenden Erfolg hatte sie 1956 in New York in Mahlers 2. Sinfonie. Der damalige Dirigent Bruno Walter wollte mit ihr weiter als Mahler-Sängerin zusammenarbeiten. Doch sie hatte bereits Verträge mit konkurrierenden Schallplattenfirmen abgeschlossen. Eine Edition mit drei CDs bringt nun Aufnahmen des RIAS aus den Jahren von 1955 bis 1963.

Die Bandbreite reicht von zwei geistlichen Lieder Johann Wolfgang Francks bis zu Francis Poulencs Zyklus über die Arbeit der Maler. Bei den frühesten hat sie Michael Raucheisen begleitet. Verblüffend ist die sprachliche Klarheit ihres Ausdrucks bei den Schumann-Liedern. Gegenüber den englischen Wiegenliedern „A Charm of Lullabies“ von Benjamin Britten und den „Mélodies Passagères“ von Samuel Barber entsteht hier der Eindruck, als wäre dieses romantische Deutsch zur Musik von Schubert, Loewe und Wagner ihre eigentliche Muttersprache gewesen.

Von Franz Schubert sind eher die unbekannteren Lieder versammelt. Die Rückertlieder von Gustav Mahler klingen bei ihr ahnungsvoller und schwermütiger als in mancher deutschen Interpretation. In Joseph Haydns Solokantate „Arianna a Naxos“ gibt Maureen Forrester uns den wilden Schmerz der Verlassenen zu kosten.

Maureen Forrester Audite 2016 www.audite.de