© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 37/16 / 09. September 2016

DVD: Aghet – Ein Völkermord
Geleugneter Genozid
Werner Olles

Zwischen 1915 und 1917 sterben im Osmanischen Reich durch Massenvertreibungen, Deportationen, Massaker und Todesmärsche 1,5 Millionen armenische Christen; sie verhungern, verdursten oder werden in der syrischen beziehungsweise mesopotamischen Wüste ermordet. Nach dem Waffenstillstand im November 1918 zwischen dem von den Jungtürken diktatorisch regierten Osmanischen Reich und Großbritannien fliehen die für den Völkermord verantwortlichen Politiker aus der Türkei. Am 15. März 1921 wird der Hauptverantwortliche, Talât Pascha, in Berlin von einem Armenier getötet.

„Aghet – Ein Völkermord“ erzählt von einem der dunkelsten Kapitel des Ersten Weltkriegs: dem Genozid an den Armeniern im Osmanischen Reich, der heutigen Türkei. Es war der erste systematisch ausgeführte Völkermord des 20. Jahrhunderts und gilt als Blaupause für spätere Völkermorde. Von der Türkei wird der Genozid jedoch bis heute geleugnet.

Der australische Regisseur Eric Friedler beschäftigt sich in „Aghet“ vor allem mit den politischen Motiven für dieses Schweigen. Ein hochkarätiges Ensemble deutscher Schauspieler, darunter Martina Gedeck, Axel Milberg und Friedrich von Thun, verleihen den lange verstorbenen Zeitzeugen Stimmen von beklemmender Authentizität. Wir hören den deutschen Konsul Walter Rößler, der in zahlreichen Berichten die systematische Vernichtung der Armenier bestätigte, den Sanitätsoffizier Armin T. Wegner, der zum Bildchronisten des Genozids wurde, den deutschen Botschafter Graf Wolff Metternich zur Gracht, der vergeblich beim Reichskanzler dafür plädierte, den deutschen Einfluß zu nutzen, um die Massaker zu stoppen, General von Kressenstein, den Theologen Johannes Lepsius, der Zehntausenden das Leben rettete, den Lehrer Martin Niepage, der für die Reichstagsabgeordneten einen Augenzeugenbericht über den Genozid verfaßte, sowie Reichskanzler von Bethmann Hollweg, der die Vorschläge Graf Metternichs ablehnte, um die Türkei als Bündnispartner nicht zu verärgern. 

„Aghet“ setzt in vielerlei Hinsicht neue Standards für die Gestaltung von Dokumentarfilmen und wurde mit dem Grimme-Preis und dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet.

DVD: Aghet - Ein Völkermord. Studio Hamburg Enterprises 2016, Laufzeit 93 Minuten