© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 37/16 / 09. September 2016

Umwelt
In der Not leere Akkus
Jörg Fischer

Vorige Woche eröffnete die Internationale Funkausstellung (IFA) ihre Tore in Berlin. Das Neueste vom Neuen wurde auf der weltgrößten Messe für Unterhaltungselektronik präsentiert – und dabei wurde unhinterfragt vorausgesetzt, daß immer genug Wasser, Strom, Empfang und Bandbreite zur Verfügung stehen, denn sonst ist mit den Megabildschirmen, Video-on-Demand-Angeboten, vernetzten Hausgeräten oder High-End-Smartphones wenig anzufangen. Dabei reicht schon eine Fahrt in die Mark Brandenburg, um in der digitalen Wüste anzukommen. Bei nationalen Notständen sind die meisten IFA-Highlights unbrauchbar. Und da der Bund im Falle eines Falles überfordert ist, empfiehlt das Zivilschutzkonzept „Eigenverantwortung“: etwa eine gefüllte Hausapotheke (wegen des Just-in-time-Konzepts der Apotheken?), Kerzen und Taschenlampen sowie ausreichend geladene Akkus.

„Billige Lithium-Ionen-Akkus sind wie Elektroautos eine potentielle Brandgefahr“

Doch ein Blick auf die angepriesenen Telefone oder Klapprechner zeigt: Die Energiespeicher sind – außer bei LG und Lumias – meist fest verklebt und ihre Kapazität reicht bestenfalls für ein, zwei Tage. Ein brauchbarer externer Akku (USB-Powerbank) kostet soviel wie ein einfaches Mobiltelefon, für ein auch als Autostarthilfe taugliches Gerät ist ein Hunderter fällig. Doch wenn das Mobilfunknetz tot ist, wie selbst ohne Erdbeben oder Kriegsrecht schon mehrmals geschehen, helfen die Notstromspeicher kaum weiter. Und: Im Gegensatz zu alten NiMH-Akkus sind Lithium-Ionen-Zellen wie E-Autos eine unterschätzte Brandgefahr, was aktuell Samsungs milliardenschwere Note-7-Rückrufaktion beweist. Das Festnetz ist ebenfalls nicht mehr katastrophensicher: die Umstellung von Analog auf digitale IP-Telefonie erfordert Strom in der Wohnung. Zu Reichs- und Bundespostzeiten hatte das deutsche Netz selbstverständlich eine eigene Energieversorgung.