© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 38/16 / 16. September 2016

Frisch gepresst

Kriegsgefangene. Die Einleitung des Buches von Karin Scherf, das sie dem Kriegsgefangenenschicksal ihres Vaters widmet, stößt durch den penetranten DDR-Sound eher ab. Die Deutschen haben nach alter „antifaschistischer“ Lesart „Franzosen, Briten, Russen, Amerikaner überfallen“, und der renommierte Sozialhistoriker Erich Maschke, dem eine vielbändige, von der Bundesregierung erst 1975 zur Veröffentlichung freigegebene Dokumentation zum Schicksal der deutschen Gefangenen des Zweiten Weltkrieges zu danken ist, figuriert bei ihr als „Vordenker und akademischer Wegbereiter faschistischer Eroberungspolitik“. Abgesehen von solchen peinlichen Ausfällen, lohnt die Lektüre dieser Rekonstruktion von drei harten Jahren, die ihr Vater Wolfram Knöchel (1926–2008) als ein unter anderem zum Minenräumen gezwungener Arbeitssklave in französischer Gefangenschaft verbringen mußte. Jene auf den hier editierten Briefen an die Eltern basierenden Recherchen können durchaus animierendes Vorbild sein für Kinder und Enkel der Kriegsgeneration, die sich auf eine ähnlich spannende und ertragreiche Spurensuche begeben wollen, um Familiengeschichte als Zeitgeschichte zu erleben. (ob)

Karin Scherf: Spurensuche am Atlantik. Briefe aus französischer Kriegsgefangenschaft, Verlag Neues Leben, Berlin 2016, 255 Seiten, Abbildungen, 16,99 Euro 





Verdun. Horst Rohde arbeitete viele Jahre als Historiker im Militärgeschichtlichen Forschungsamt der Bundeswehr in Freiburg. Schon Anfang der neunziger Jahre hatte der Experte für die Geschichte des Ersten und Zweiten Weltkriegs Beiträge zur heute lange vergriffenen Reihe „Militärgeschichtliche Reiseführer“ des Hamburger Mittler Verlags beigesteuert. Den damals mit dem 2006 verstorbenen Journalisten Robert Ostrovsky präsentierten Reiseführer Verdun hat Rohde nun anläßlich des 100. Jahrestags dieser mörderischen Schlacht in überarbeiteter Form und in neuem Gewand präsentiert. Tatsächlich ist der reich mit Fotos und Skizzen ausgestattete Band für Verdun-Besucher von höchstem Wert, da Rohde seine mit großer Kennerschaft beschriebenen Rundgänge von Douaumont über die Höhe „Toter Mann“ bis zur Voie Sacrée im Umfeld der Maas-Stadt sowohl historisch über 1916 hinausgehend einordnet und zudem mit interessanten literarischen Exkursen bereichert. (bä)

Horst Rohde: Verdun. Militärgeschichtlicher Reise- und Tourenplaner. Helios Verlag, Aachen 2016, broschiert, 212 Seiten, 23,90 Euro