© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 40/16 / 30. September 2016

Ökologische Konkurse
Geldanlage: Wind- und Solarparks in der Krise / Sind „grüne“ Fonds und Obligationen die nächste New Economy?
Thomas Kirchner

Früher war die unternehmerische Phantasie der Menschen grenzenlos. Heute gilt: die Phantasie zur Rechtfertigung staatlichen Schuldenmachens ist ebenso unbegrenzt. Jüngstes Beispiel ist die Ankündigung von Frankreichs Präsident François Hollande, als erstes Land „grüne“ Anleihen in Höhe von neun Milliarden Euro zu begeben, mit denen Investitionen zur Klimarettung finanziert werden sollen.

Solche Anleihen gibt es schon seit mehreren Jahren. Sie werden beispielsweise von Energieunternehmen emittiert. Investoren sind Institutionen, die sich verpflichtet haben, einen bestimmten Anteil ihrer Anlagesumme in umweltfreundliche Projekte zu stecken. Grüne Anleihen sind nur die neueste Variante eines Trends hin zu ökologischen, sozialen und „Corporate Governance“-Investitionen, kurz ESG. Anhänger dieser Modewelle behaupten, daß solche Investitionen besser und sicherer sind als traditionelle Anlagestrategien. Nicht ganz zu dieser Theorie paßt, daß Umweltinvestitionen in den vergangenen Jahren eine weltweite Pleitewelle erlebt haben. Was heute als „Investition“ deklariert wird, kann schon bald dauerhaft verlorenes Kapital sein. In Deutschland mußten etwa 75.000 ökologisch motivierte Kleinanleger 40 Prozent Verlust auf Genußscheine von Prokon in Höhe von 1,4 Milliarden Euro einstecken (JF 8/16). Prokon ist kein Einzelfall, eine wahre Pleiteepidemie breitet sich aus.

So ging auch die spanische Ingenieur- und Betreiberfirma Abengoa pleite. Analysten betrachteten die Bilanzen der Firma schon länger skeptisch und warfen ihr Intransparenz vor. Abengoa hatte viele seiner Wind- und Solarparks an Anleger weiterverkauft, die aber in den meisten Fällen angesichts garantierter Abnahmepreise keine Verluste befürchten müssen. Einer von Abengoas Wind- und Solarparks ist sogar börsennotiert. Ähnlich sieht es beim Konkurs der amerikanischen SunEdison aus. Sie betrieb ein vergleichbares Geschäftsmodell und brachte zwei Töchter an die Börse, die zwar selbst nicht in Insolvenz gingen, aber die Dividende einstellen mußten.

Energieunternehmen sind kapitalintensiv und neigen deshalb zur Konzentration. Mit dem umstrittenen deutschen Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) hoffte man auch, Konzentrationsprozesse zu verhindern und eine mittelständische Solarbranche zu schaffen. Inzwischen wurden diese Phantasien von der wirtschaftlichen Realität überholt. Der Preisverfall von Solarmodulen trieb einen Hersteller nach dem anderen in den Konkurs. Grund waren technischer Fortschritt, der schneller ablief als die Amortisierung bestehender Werke, und die unerwartete Kapazitätsausweitung in China, durch die Preise bröckelten.

Trend zu Subventionen wird weiter verstärkt

In Deutschland war der einstige Marktführer Q-Cells das bekannteste Opfer. Anders als in den USA gab es aber keine politischen Folgen: dort schaffte es die Kontroverse um die Pleite des Solarzellenherstellers Solyndra bis in den Präsidentschaftswahlkampf 2012. Die Obama-Regierung hatte der Firma vom Rande des Silicon Valley noch kurz vor der Pleite Kreditgarantien in Höhe von 535 Millionen Dollar gegeben – und Solyndra-Hauptinvestor George Kaiser war Spender der US-Demokraten.

Ähnlich erfolglos waren weitere Firmen, die Teil von Obamas Klimastrategie waren. Speichertechnik sollte wetterabhängige Ökostromerzeugung praktikabel machen, doch die Akku­hersteller gehen pleite, obwohl sie großzügige Subventionen erhalten und mit Autokonzernen echte Kunden haben, für deren Hybridmodelle sie Stromspeicher produzieren. So machten sowohl Ener1, das 118 Millionen Dollar an Subventionen erhalten hatte, als auch A123 nach 250 Millionen Unterstützung Konkurs. A123 trug auch zum Ende des Elektroautoherstellers Fisker bei, dessen Luxusmodell Karma wegen fehlerhafter A123-Batterien brannte. Die Nachfolgefirma Karma Automotive gehört zur chinesischen Wanxiang Group.

Die derzeitigen Neuorientierungen in der Branche sind Ausdruck der Malaise. Eon und RWE spalten sich in traditionelle und alternative Geschäftsbereiche. Mit Uniper kam Eons „alte“ Stromerzeugung an die Börse. Zur Überraschung vieler Experten stürzte jedoch die Aktie des jetzt alternativen Energieriesen Eon ab, während das „fossile“ Uniper-Geschaft sich der Gunst der Anleger erfreut: die Pleitewelle der Alternativen macht ihre Anleger skeptisch.

Auch in den USA ist Umbruch angesagt. Dort will der defizitäre E-Autohersteller Tesla mit SolarCity fusionieren. Beide Unternehmen haben ähnlich hohe Verluste: 600 bzw. 900 Millionen Dollar pro Jahr. Tesla-Chef Elon Musk hofft, den Kunden Produkte des jeweils anderen Unternehmens verkaufen zu können und dadurch Kosten zu sparen. Investoren sind dennoch skeptisch, wie die relativen Aktienkurse beider Unternehmen belegen. SunEdison sollte eine Warnung sein: auch hier sollte eine Fusion 2015 das Unternehmen retten. Das Übernahmeziel Vivint annullierte die Fusionspläne in letzter Minute.

Gigantische Summen sind in den vergangenen Jahren in alternativen Energien weltweit verbrannt worden. Das EEG und die Energiewende gelten vielen als Krönung der Verschwendung, sind aber nur die Spitze des Eisbergs. Grüne Anleihen werden den Trend zu Subventionen weiter verstärken, denn die Politik hat sich darin fest verbissen. So verlockend staatlich garantierte Zuwendungen auch sind – Anleger sollten vorsichtig bleiben. Nur wenige Ökofirmen sind gut genug aufgestellt, um selbst mit Subventionen gewinnbringend arbeiten zu können.






Thomas Kirchner studierte Ökonomie in London, Paris und Chicago und arbeitete für die Banken BNP und Fannie Mae. Seit 2003 ist er Fondsmanager in New York. Sein Buch „Alternativlos: Warum wir jetzt erst recht ungezügelte Finanzmärkte brauchen“ erschien in diesem Jahr aktualisiert als Ebook.

Ökologischer Geldmarkt

Ein ökologischer Geldmarkt existiert in Deutschland seit 42 Jahren. Damals wurde die zunächst nur anthroposophisch orientierte Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken (GLS Bank) gegründet. 1984 kam die genossenschaftliche Ökobank hinzu, die 1999 ins Trudeln geriet und 2003 von der GLS übernommen wurde. Die 2002 gegründete Ethik-Bank ist eine „grüne“ Direktbanktochter der Volksbank Eisenberg in Ostthüringen. Die 1980 gegründete niederländische Triodos Bank ist seit 2009 in Deutschland aktiv. Auch Branchenriesen wie Allianz sind inzwischen auf den Ökozug aufgesprungen. Seit 2001 wird jährlich ein Nachhaltigkeitsbericht vorgelegt. 2015 verkündete der Münchner Finanzkonzern, künftig nicht mehr in Bergbau- und Energieunternehmen zu investieren, die mehr als 30 Prozent ihres Umsatzes aus Kohle generieren. Der zeitgleich gegründete Fonds Allianz Green Bond investiert in „grüne Anleihen“ von internationalen öffentlichen und privaten Emittenten.