© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 41/16 / 07. Oktober 2016

Grüße aus Kapstadt
Von Scheu keine Spur
Yorck Tomkyle

Als ich 1994 zum ersten Mal in Kapstadt weilte, gab mir ein Freund einen Tip: „Du mußt nach Simon’s Town fahren – da kannst Du zusammen mit wilden Pinguinen baden.“

Ungläubig besuchte ich tags darauf den dreißig Autominuten von Kapstadt entfernten Ort und fragte mich zum Ortsteil Boulders Beach durch. Dort, am Strand von Simon’s Town, erwartete mich eine Überraschung: zwischen einigen Badegästen, die nahe den großen Felsblöcken – den Boulders – im Sand in der Sonne lagen, watschelten emsig ein paar Pinguine zwischen dem Wasser und ihren Höhlen im Gebüsch hin und her. Von Scheu keine Spur zwickte mich der erste, dem ich etwas zu nah kam, ins Bein.

Die Anwohner des Küstenstreifens hießen die neuen Bewohner herzlichste willkommen.

Fasziniert las ich, daß sich das erste Paar dieser Jackass-Pinguine – die ihren Namen von ihrem eselsähnlichen Geschrei haben – 1983 in der kleinen Bucht niedergelassen hatte.  Die Anwohner des kleinen Küstenstreifens hießen die neuen Bewohner auf das herzlichste willkommen und so wurden es immer mehr.

Proportional zum Anstieg der Pinguinpopulation stieg auch die Bekanntheit von Boulders Beach, was sich in den täglichen Besucherzahlen niederschlug. Aufgrund der guten Lebensbedingungen vermehrten sich die Pinguine rasch, so daß im Laufe der Jahre so viele Tiere den kleinen Strandabschnitt bevölkerten, daß immer größere Teile für die Badegäste gesperrt wurden.

Die von den Menschen zum Schutze der Vögel ergriffenen Maßnahmen führten zu einer weiteren rasanten Vermehrung der Tiere bis sich die Anwohner schließlich eingestehen mußten, daß die von der schieren Masse – es waren längst über zweieinhalbtausend – verursachten Probleme nicht mehr wegzudiskutieren waren.

Das Geschrei der kleinen Pinguinkehlen war vor allem nachts unerträglich, genauso wie die Massen von Kot und vor allem auch der Platz- und Nahrungsbedarf der Vögel. Dieser war mittlerweile derart gravierend, daß diese sich ihre Höhlen in den Gärten der Anwohner gruben. 

Doch die Tiere sind streng geschützt und so müssen es die Anwohner hinnehmen, daß ihre gepflegten Gärten verwüstet werden und sich ihr Lebensraum immer mehr den Bedürfnissen der Vögel anpaßte. Es kam gar zu Übergriffen. 

Aktuell leben dort über dreitausend Tiere und manch einer wünscht sich, man hätte rechtzeitig deren Zahl begrenzt.