© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 41/16 / 07. Oktober 2016

DVD: Rage – Tage der Vergeltung
Einsamer Rächer
Werner Olles

Wortkarg, stoisch, kühl und konsequent, wenn es um die Rache an einem Schuldigen geht, ist die Figur des Einzelgängers in Hollywood-Thrillern einem amerikanischen Archetypen verwandt: dem autonomen Individualisten der Pionierzeit, der sich sein Recht selbst verschafft, weil der Staat und dessen Justiz bei dieser Aufgabe versagen. Beispielhaft verkörpert wurde dieser „einsame Wolf“ von Charles Bronson in dem berühmten und umstrittenen Rache-Thriller „Death Wish“ („Ein Mann sieht rot“, 1974). Darin spielt Bronson einen ehemals liberalen Bürger, der sich nach der Vergewaltigung und dem Mord an seiner Frau als Rächer in der Unterwelt betätigt: ein verschlossener Mann, den seine Umwelt und die Unfähigkeit der Exekutive dazu zwingen, kaltblütig-berechnend Gewalt anzuwenden, bis keiner seiner Feinde mehr lebt.

Mit „Rage – Tage der Vergeltung“ („I am Wrath“, USA 2016) erinnert Action-Regisseur Chuck Russell („The Scorpion King“, „Collateral“) an diesen Film. Er inszenierte einen temporeichen Rache-Thriller, der jedoch im Verlauf der Handlung immer mehr seine Originalität verliert. Ein Grund dafür ist eine gewisse Überstrapazierung bekannter Themen und Motive aus „Großstadt-Western“. Als der arbeitslose Ingenieur Stanley Hill (John Travolta) nach einem auswärtigen Vorstellungsgespräch am Flughafen von seiner Ehefrau Vivian (Rebecca de Morney) abgeholt wird, lauert ihnen in der Tiefgarage ein Gangstertrio auf und ermordet Stanleys Frau. Nachdem er den Killer identifiziert hat, wird dieser von der Polizei festgenommen, doch nach einer Gegenüberstellung wegen angeblicher Unzuverlässigkeit des Zeugen wieder freigelassen. Nach Vivians Beisetzung erinnert sich Stanley an seine Vergangenheit als Geheimdienstler und zieht gemeinsam mit einem alten Freund los, um die Mörder zur Rechenschaft zu ziehen. Dabei geraten sie in einen blutigen Strudel aus Drogenhandel, Erpressung, organisierter Kriminalität und politischer Korruption, die bis hinauf in den Gouverneurssitz führt. 

„Rage“ läßt leider die spezielle Typologie des Rache-Thrillers vermissen. Schmerz und Schmutz des Genres werden ausgeklammert, und die pioniergesellschaftlichen Traditionen stellen sich zuletzt als bloße Tarnung heraus.

DVD/Blu-ray: Rage – Tage der Vergeltung. Ascot Elite 2016, Laufzeit etwa 87 Minuten