© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 41/16 / 07. Oktober 2016

Umwelt
Überfällige Würdigung
Tobias Albert

Seit einem Jahr steht VW unter Beschuß. Die „Dieselgate“-Affäre kostet Aktionäre, Mitarbeiter und die von den Steuermillionen lebenden Kommunen der VW-Standorte Milliarden. Dabei wollte das Management die Yankees nur von „Clean Diesel“-Autos überzeugen. Dummerweise waren deren Abgase nicht so sauber wie versprochen. Partikelfilter und SCR-Katalysatoren mit AdBlue-Tank sind kompliziert und Renditefresser – ein Programm, mit dem Autos erkennen, wann ihre Abgaswerte getestet werden, ist bequemer und billiger. Die Mühe, die hinter dem findigen Defeat Device steckt, das die Abgase kurzeitig auf umweltfreundliches Niveau herunterregelt, wurde dabei kaum gewürdigt. Bis jetzt: Der diesjährige „Ig-Nobelpreis“ in Chemie der Harvard-Universität geht an die deutschen Autobauer.

VW wird wohl darüber nachdenken, ob sich Investitionen in Abgastechnik nicht lohnen.

Zum 26. Mal ehrte das Preiskomitee in Cambridge (Massachu­setts) die schändlichsten (ignoble) Forschungsbeiträge, die Menschen „zunächst zum Lachen und dann zum Nachdenken“ bewegen. Die „Lösung für exzessive Luftverschmutzung“ lasse VW darüber nachdenken, ob sich Investitionen in Abgastechnik nicht doch lohnen. Auch der Ig-Preis 2016 für Medizin scheint skurril: An der Uni Lübeck wurde erkannt, daß ein Juckreiz auf der linken Körperseite gestillt wird, wenn man vor einem Spiegel steht und die rechte Körperseite kratzt – und andersherum. Die Spiegeltherapie wird in der Rehabilitation von Hirnverletzten und Schlaganfallpatienten erfolgreich eingesetzt. Die Genter Studie, die 1.000 Lügner fragte, wie oft sie lügen, oder die Budapester Erkenntnis, daß Pferdebremsen am wenigsten von weißen Pferden angezogen werden, erscheinen verzichtbar. Doch 2006 ging der Ig-Preis für Biologie an eine Studie, laut der Malaria-Stechmücken von Limburger Käse genauso stark angezogen werden wie von Fußschweißgeruch. Und tatsächlich helfen Limburger-Mückenfallen inzwischen, den Malariaepidemien Afrikas Einhalt zu gebieten.