© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/16 / 14. Oktober 2016

„Symbiose zwischen Staat und Banken“
„Besseres Geld für die Welt“: Die vierte Konferenz des Ludwig-von-Mises-Instituts Deutschland suchte libertäre Antworten auf die Finanzkrise
Christian Dorn

Was macht dich froh auf dieser Welt? Geld, Geld, Geld. Was ist’s, was die Welt zusammenhält? Geld, Geld, Geld“. Die eigentlich zeitlosen Zeilen des Pankow-Rocksongs „Geld“, geschrieben von André Herzberg für die musikalische Adaption des Hauff-Märchens „Das kalte Herz“, sind angesichts der aktuellen Euro- und Finanzpolitik von abnehmender Überzeugungskraft. Verantwortlich hierfür ist aus libertärer Sicht das auf staatlicher Schöpfung beruhende „Fiat-Geldsystem“. Daher hatte das Ludwig-von-Mises-Institut am vorigen Wochenende unter dem Titel „Besseres Geld für die Welt“ zur inzwischen vierten Konferenz geladen.

Institutspräsident Thorsten Polleit, warnte eindringlich vor den „schweren ökonomischen und ethischen Defekten“ des staatlichen Zwangsgeldes. Wegen seiner inflationären Tendenz bereichere es einige auf Kosten vieler und sei daher „in höchstem Maße ungerecht“. In diesem Zusammenhang erschien es nur selbsverständlich, den Begriff der „Schweigespirale“ um den Terminus „Interventionsspirale“ zu ergänzen, wie es der Ökonom Jörg Guido Hülsmann tat. Die heutigen Negativzinsen seien eine „groteske Verkehrung“ dessen, was Wirtschaft eigentlich sein sollte. Das „große Zerstörungswerk“ der Zentralbank, welches reales Kapital schleichend vernichte, sei eigentlich an einem Endpunkt, doch ihre „Kreativität“ nicht. Die Möglichkeit, „dematerialisiertes“ Geld zu schaffen, sei derzeit auf dem Höhepunkt. Dies bringe aber keinen gesamtgesellschaftlichen Nutzen, die Gewinne würden von den der Zentralbank nahestehenden Akteuren privatisiert, die entstehenden Kosten vergemeinschaftet.

Dennoch, das zeigte die Konferenz, bleibt die vor diesem Szenario notwendig erscheinende Idee einer Geldreform eine Rechnung mit vielen Unbekannten. So zeigte Polleit in seinem Vortrag, daß die von dem Namensgeber Mises – dem prägnantesten Vertreter der Österreichischen Schule der Nationalökonomie – geforderte Wiederverankerung des Geldes im Gold nicht mehr praktibal erscheint. Mit Verweis auf Murray N. Rothbards Theorie, dargelegt in dessen Buch „The Mystery of Banking“ (1983), der eine Deckung des Dollar durch das US-Zentralbankgold vorschlug, schilderte Polleit die Probleme: 1981, als die Geldmenge M1 445 Milliarden Dollar betrug und die Goldreserven sich auf 261,5 Millionen Feinunzen beliefen, hätte dies einem Goldpreis von 1.696 Dollar pro Unze entsprochen.

Völlige Golddeckung der Währung heute illusorisch

Tatsächlich aber lag der Goldpreis damals nur bei 398 Dollar. Bei einem plötzlich um 326 Prozent gestiegenen Goldpreis, der zugleich auch die Preise anderer Güter erhöht hätte, wäre die Kaufkraft des Geldes um 77 Prozent gefallen. Heute ergäbe sich sogar ein theoretischer M1-Goldpreis von 12.500 Dollar, im Euroraum von 20.000 Euro.

Die von Friedrich August von Hayek in seiner Schrift „Denationalization of Money“ dargelegte Alternative eines Währungswettbewerbs erscheine ebenfalls letztlich nicht tragfähig. Am Ende skizzierte Polleit zwei Hoffnungen: die Dezentralisierung der EU mit der Rückkehr zu kleineren Währungsgebieten und technologische Innovationen, wie die „vielversprechenden“ Ansätze von Bitcoin oder Blockchain zeigten. Hierzu bemühte sich Aaron König, Autor des Buches „Bitcoin – Geld ohne Staat“ (JF 23/15), um ein Verständnis der neuen Internetwährung als „digitales Gold“. Dennoch blieb dieses System für den unbedarften Zuhörer relativ abstrakt.

Zu Kontroversen führte indes der Vortrag des Wirtschaftssoziologen Joseph Huber zu dem Konzept des „Vollgeldes“, mit dem die Trennung des Geldkreislaufs und die Kontrolle über die Geldmenge wiedergewonnen werden soll. Huber wendet sich gegen das System des zwischen Geschäftsbanken geschöpften Giralgeldes, durch das die Zentralbanken ihre eigene Funktion verloren hätten. Tatsächlich, so Hubers Seitenhieb gegen die „Neo-Austrians“, sei das Giralgeldregime der Banken bereits nahe am erträumten Free-Banking-System: die Geschäftsbanken hätten den Staaten so viel Geld über Schuldtitel „gedruckt“, wie es sich Zentralbanken nie getraut hätten. Die Hoffnung auf Bitcoins sei eine „neoanarchistische Illusion“.

Gegen das „Vollgeld“ und andere etatistische Geldreformvorschläge wandte sich der Volkswirtschaftler Philipp Bagus in seiner Reflexion über die „Irrwege der Geldkritik“. So entscheide letztlich die Zentralbank – durch ihre Kontrolle über das Basisgeld – auch über die Giralgeldmenge. Die Vollgeld-Theorie bringe zentralistisches Staatsgeld. Der unheilvollen „Symbiose zwischen Staat und Banken“ sei so nicht beizukommen. Wie volatil letztlich das Sinnen nach dem richtigen Geldsystem ist, zeigte sich unversehens am Münchner Tagungsort Bayrischer Hof, wo nach Ende der Veranstaltung eine Oldtimer-Rallye eintraf. Klassiker wie der Porsche 911 haben in den vergangenen Jahren eine Rendite erzielt, von der traditionelle Aktien bei der „Börsen-Rallye“ nur träumen können.

Die nächste Mises-Konferenz findet am 16. und 17. März 2017 in München statt:  www.misesde.org