© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/16 / 14. Oktober 2016

DVD: Der Hauptmann von Köpenick
Juhnke als Schuster Voigt
Werner Olles

Carl Zuckmayers Theaterstück „Der Hauptmann von Köpenick“ ist oft verfilmt worden, zuerst 1926 als Stummfilm von Siegfried Dessauer mit Hermann Picha in der Titelrolle. Richard Oswald inszenierte dann 1931 die Tragikomödie des vorbestraften, arbeitslosen Schusters Wilhelm Voigt, der 1906 Berlin zum Lachen brachte, als er in einer Hauptmannsuniform aus dem Trödelladen zehn Soldaten abkommandierte, um das Rathaus von Köpenick zu besetzen, wo er sich in den Besitz eines neuen Passes zu bringen hoffte. Die beißend satirische Verfilmung des Bühnenstücks zeigte den Helden (Max Adalbert) als bedauernswerte Figur der bürokratischen Borniertheit der wilhelminischen Gesellschaft.

Die dritte Verfilmung, 1956 von Helmut Käutner, war eine durch komische Momente und warmen Humor aufgehellte Lektion über die Allgewalt der Uniform in Preußen, dicht in Milieuzeichnung und Atmosphäre und hervorragend gespielt von Heinz Rühmann. Allein die köstliche Szene, in der er die Stadtkasse von Köpenick beschlagnahmt, führt eine ganze Weltanschauung ad absurdum. 1960 gab es die erste Fernsehverfilmung von Rainer Wolffhardt mit Rudolf Platte als Schuster Vogt.

1997 verfilmte Frank Beyer („Spur der Steine“, „Nikolaikirche“) Zuckmayers Werk zum fünften Mal, und es gibt nicht wenige Kritiker, die seine Version für die beste halten. Nicht zuletzt ist dies dem viel zu lange unterschätzten Harald Juhnke zu verdanken, der in der Titelrolle brilliert. Großartig besetzt sind auch die weiteren Rollen mit Udo Samel als Bürgermeister Obermüller, Katharina Thalbach als Marie Hoprecht, Rolf Hoppe als Zuchthausdirektor und Hark Bohm als Kriminalinspektor Schmude. 

Bei Beyer glänzt der Gaunerstreich des Schusters Wilhelm Voigt vor allem durch seine Tragik, der Harald Juhnke in seiner wohl besten Rolle nach „Der Trinker“ beeindruckend und anrührend zugleich wunderbar Ausdruck zu verleihen versteht. Spätestens mit „Der Hauptmann von Köpenick“ wurde deutlich, daß Juhnke ein Charakterdarsteller von Format war; endlich zollten ihm auch jene Kritiker, die ihn als „mittelmäßigen Entertainer und Komiker“ abgetan hatten, Anerkennung.

DVD: Der Hauptmann von Köpenick. Eastside Communications/Studio Hamburg Enterprises 2016, Laufzeit etwa 98 Minuten