© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/16 / 14. Oktober 2016

Zwei, die anders sein wollen
Sind das Frauenmagazin „Barbara“ und das „Zeit-Magazin Mann“ wirklich so untypisch, wie sie meinen?
Gil Barkei

Kein normales Frauenmagazin“ möchte die seit Herbst 2015 monatlich erscheinende Barbara von Barbara Schöneberger sein. Der erste Blick hinterläßt Skepsis. Natürlich gibt es Männer, Modetrends, Einrichtungstips, Kochrezepte, Kosmetik, Schuhe, Handtaschen sowie die dazugehörige Werbung. Doch alledem wird, wie der zweite Blick verrät, lediglich eine entspannte augenzwinkernde Bedeutung beigemessen. Die klassischen Anzeigen, die andere Zeitschriften gern auf die doppelte Dicke anschwellen lassen, sind mit 35 von insgesamt etwa 180 Seiten pro Ausgabe überschaubar, und auch die Stil-Beispielfotos von Stars und Sternchen beschränken sich auf ein sympathisches Minimum.

Abseits der neuesten Diäten, belehrender Ratgeber und des photogeshoppten Model-Schönheitsideals zählen sich die Macher lieber zu „uns Normalos“. Keine Mädchen auf Selbst- und Partnerfindungstrip, sondern gestandene Persönlichkeiten, die das Älterwerden lässig akzeptiert haben und für die die Rubriken „Mode“, „Beauty“, „Food“, „Home“ und „Reise“ zwar wichtig sind, aber das „Leben“ im Alltag wie in der Heftanordnung oberste Priorität hat. 

Angesprochen wird die berufstätige Frau, die sich selbstbewußt „ohne Hausordnung und Sonntagsbraten“ auch daheim wohlfühlen kann, aber gleichzeitig auf ständig gepackten Koffern, der „Heimat to go“ sitzt, bereit für den nächsten Unabhängigkeit spendenden Auftrag. Denn eines ist sie auf keinen Fall: das kochende und putzende Dummchen.

Die Distanzierung vom „Süße Maus“-Infantilismus und von übertrieben oberflächlichen Bauch-Beine-Po-Banalitäten ist dank des eloquenten, humorvollen und oft (selbst)ironischen Tons amüsant und interessant, gelingt aber aufgrund so manchen gezeichneten Klischees nicht immer. Trotzdem stößt Barbara in die Lücke zwischen allzu gewollt jugendlich hippen „Girlie“-Zeitschriften und den alteingesessenen Vornamen-Klassikern wie Petra oder Brigitte, die bei 110.000 bis 120.000 verkauften Exemplaren pro Ausgabe nicht klein zu sein scheint und von der wortgewandten Moderatorin und dem Verlag Gruner + Jahr klug erkannt worden ist.

Doch so untypisch Barbara bei Sprache und Themengewichtung ist, so langweilig mit dem Strom schwimmend stellt sich die Gesamtbotschaft der gesellschaftspolitischen Untertöne dar. Bei der vorgestellten Herbst- und Wintermode „Made in Germany“ finden sich  selbstverständlich auch Unisexmodelle, und „Heimat“, das Thema der Oktoberausgabe, das ist das Zuhause, die Familie oder ein flexibles ortsungebundenes Gefühl. So zieht sich die moderne emanzipierte Frau von heute auf dem verminten Terrain der Patriotismusfrage dann doch wieder ins traute Heim zurück. Die neue grau-grüne Spießigkeit. 

Unkonventionelle Sprache, typische Botschaften 

Das Heimatland der Deutschen beschreiben – wie könnte es in diesen Monaten anders sein – zwei junge syrische Flüchtlinge. Dieser Perspektivwechsel ist mindestens so alt wie der bundesrepublikanische  Nationalstolzkomplex. Bei soviel Abgedroschenheit dürfen die in Szene gesetzten Gartenzwerge und Kuckucksuhren natürlich nicht fehlen. 

Die über die Vorhersehbarkeit verärgerte Stimmung wird gerade noch von einer ungewöhnlichen Fotostrecke der Hopfen-Königin samt ihrer Weißwurst- und Meerrettich-Kolleginnen gerettet, um bei der nächsten Ausgabe erneut auf eine harte Probe gestellt zu werden. Beim Thema „Helden“ des aktuellen Jubiläumhefts zum einjährigen Geburtstag erscheint der Gutmensch zwar mit seiner Besserwisserei ein bißchen nervig, ist aber eine insgeheim bewunderte „Heldin des Alltags“. Die unkonventionelle Herangehensweise in Sachen Formulierungen und Schönheit hat leider bei der politischen Positionierung haltgemacht.