© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/16 / 14. Oktober 2016

Umwelt
Tote Abendsegler
Volker Kempf

Unter dem Vorwand Umweltschutz werden mitunter fragwürdige Wege eingeschlagen. So verursachen Windkraftanlagen zwar keine Abgase, aber Anlagen mit Rotordurchmessern von 116 Metern, einer Nabenhöhe von 150 Metern und 2.000 Tonnen Gesamtgewicht sind durch physikalische Einwirkung naturschädigend. Daran erinnert der Große Abendsegler, der von der Naturschutzorganisation BatLife zur „Fledermaus des Jahres 2016“ gekürt wurde. Die Baumfledermaus bevorzugt den freien Luftraum in großen Höhen – dies wird ihr oft zum Verhängnis: Als wandernde Art zählt der Abendsegler zu den am meisten von Kollisionen an Windrädern betroffenen Arten. Er wird entweder direkt durch die Rotorblätter erschlagen oder verendet qualvoll während des Vorbeifluges, da seine Blutgefäße aufgrund der starken Druckveränderungen im Einflußbereich der Rotoren zerreißen (Barotrauma).

Profitinteressen und Plansoll bei der Stromproduktion ohne fossile Energieträger.

Anders als bei Abgasen oder Abwässern gibt es keine Filteranlagen, die das Problem beheben. Es kann nur eine Konsequenz geben, nämlich folgende Standorte grundsätzlich bei Windradplanungen auszuschließen: Wälder, Waldränder, Flächen mit stehenden und fließenden Gewässern, Höhenzüge der Mittelgebirge. Aber diese Gebiete werden derzeit zunehmend mit Windrädern bestückt. Dabei ist die Windkraftnutzung keineswegs alternativlos, sondern selbst eine Alternative, auf die ebenso verzichtet werden kann. Dem stehen Profitinteressen und Plansollerfüllungen bei der Stromproduktion ohne fossile Energieträger entgegen. Aber das sind selbstauferlegte politische Zwänge. Hier liegt das Problem in Bund und Ländern. Es wird die Zeit kommen, in denen Windkraftanlagen auch wieder demontiert werden, sobald sich der politische Wind dreht. Für den Großen Abendsegler wird es dann hoffentlich nicht zu spät sein.