© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 43/16 / 21. Oktober 2016

Lesereinspruch

Separatistisch

Zu: „‘Die feiern ihre verquaste deutsche Einheit’“ von Thorsten Brückner (JF 41/16)

Als langjähriger Leser finde ich es verwunderlich, daß der verquasten separatistischen Bayernpartei in der JF ein ebenso ausführlicher wie unkritischer Artikel gewidmet ist. Bisher habe ich die JF als nationalkonservative bis nationalliberale Zeitung kennengelernt – wo ist nun der Anknüpfungspunkt für den Autor, den Separatisten sogar bis in ihren eigenen ressentimentbeladenen Wortlaut von der „1870 verlorengegangenen Unabhängigkeit“ zu folgen? Es scheint die Hochschätzung konservativen Heimatbewußtseins zu sein, die das Herz des Autors erwärmt. Aber Bayern ist zu groß und zu heterogen, wie ja auch fränkische Bemühungen um die Gründung eines eigenen Bundeslandes zeigen. Der Staat wurde von Napoleon und dem Wiener Kongreß zusammengeschustert. Hat die JF denn nicht bisher eine Tradition vertreten, die sich auf die Jahre 1813 und 1848 bezieht? Und was kann ein deutscher Mittelstaat wie Bayern 1870 schon groß verloren haben? Außenpolitisch sicher nichts Nennenswertes, gewonnen aber hatte es im Zeitalter des Imperialismus äußere Sicherheit für seine kulturelle Entwicklung und Entfaltung im Kaiserreich.

Wilhelm Hacke, Witten