© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 43/16 / 21. Oktober 2016

Roboter manipulieren den Politikbetrieb
Der Einsatz von automatisierten Profilen nimmt besonders in den USA zu / Internetfirmen planen Verwendung im Alltag
Ronald Berthold

Fast 39 Prozent der Anhänger von US-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton sind Roboter. Zumindest bei Twitter. Das hat eZanga herausgefunden, ein Unternehmen, das sich dem Kampf gegen die sogenannten „Bots“ in sozialen Netzwerken verschrieben hat. Demnach weist die Politikerin der Demokraten unter ihren acht Millionen Twitter-Followern 3,1 Millionen Fake-Accounts auf, die meisten davon Maschinen. Nicht viel besser sieht es bei ihrem republikanischen Konkurrenten Donald Trump aus. 4,3 Millionen seiner elf Millionen Folger in diesem Netzwerk entpuppten sich als „Bots“. Das macht knapp 37 Prozent. 

Diese Chat-Roboter twittern unaufhörlich Nachrichten zugunsten ihrer Herren und Gebieter; die meisten rund 50 pro Tag. Ein Pensum, das kaum ein Mensch schaffen kann. Die fatale Absicht: Andere User halten diese Maschinen mit normalen Namen und Profilbildern für Ihresgleichen. Es ist die perfekte Stimmungsmache für Unentschlossene, die sich gern der Mehrheit anschließen. Inzwischen gehen Experten davon aus, daß 60 Prozent des gesamten aktuellen Web-Verkehrs auf das Konto von Robotern gehen, sogenannten „automatisierten Skripts“. Das heißt: Die Manipulation ist nicht auf den US-Wahlkampf beschränkt. Auch Regierungen anderer Länder bedienen sich zunehmend der künstlichen Intelligenz, um Rückhalt für ihre Politik zu suggerieren.

„Bots“ können Shitstorms vortäuschen, die dann wiederum die Medien aufgreifen. Meist nichtsahnend berichten sie über eine Empörung, die es tatsächlich gar nicht gibt, die lediglich vorgespielt wurde. Programmierer für diese automatisierten Skripts erfahren gerade Hochkonjunktur.

Microsoft arbeitet mit Hochdruck daran, diese künstliche Intelligenz voranzutreiben. Sie soll den Kunden das Leben erleichtern. Der Technologie-Konzern spricht daher auch von „digitalen Butlern“. Wie leicht diese allerdings zu manipulieren sind, zeigten Witzbolde beim Prototyp „Tay“. Der Roboter sonderte plötzlich rassistische Sprüche ab. Was wiederum einen Shitstorm auslöste. Wie echt der war, läßt sich nicht überprüfen.