© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 45/16 / 04. November 2016

Volkswagen, Audi und die NS-Geschichte: Chefhistoriker entlassen
Streit über den Grad der Aufarbeitung
(bä)

Viele deutsche Unternehmen haben bereits die eigene Firmenhistorie nach politischen „Verstrickungen“ während der NS-Zeit untersucht und „aufgearbeitet“. Die Volkswagen AG mußte in dieser Hinsicht einen besonderen Kraftakt vollführen, da über den beinahe von allen unter den Bedingungen der nach 1940 hochfahrenden Rüstungswirtschaft eingesetzten Kriegsgefangenen oder gar Zwangsarbeiter hinaus die ganze Unternehmensgeschichte ohne den Nationalsozialismus gar nicht erzählt werden kann. Insofern gilt die jüngste Trennung der Wolfsburger von ihrem Chefhistoriker Manfred Grieger – laut VW „in beiderseitigem Einvernehmen“ – als bemerkenswert. Grieger hatte in der VW-Chefetage Anstoß erregt, da er eine Studie der Historiker Martin Kukowski und Rudolf Boch über die NS-Geschichte von Auto-Union, Vorläuferfirma vom Konzernpartner Audi, hart kritisierte. Diese habe kaum die „direkte, justiziale Personalverantwortung“ an dem Einsatz von KZ-Häftlingen in der Produktion herausgearbeitet. Zudem würde die Nähe der damals Verantwortlichen zum Hitler-Regime relativiert. Ex-Betriebsrat und früherer niedersächsischer SPD-Sozialminister Walter Hiller unterstellt in seiner Kritik an Griegers Abgang (Braunschweiger Zeitung, 25. Oktober), daß VW „kein echtes Interesse daran hat, seine Geschichte während des Dritten Reiches aufzuarbeiten“. 


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