© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 45/16 / 04. November 2016

Als die Indianer noch siegten
1791 erlitten US-Truppen eine historische Niederlage
Wolfgang Kaufmann

Kurz nach dem Ende des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges entbrannte 1785 der Kampf gegen die Indianer im Territory Northwest of the River Ohio. Diese hatten sich gerade zu einer Stammeskoalition zusammengeschlossen, der unter anderem die Shawnee, Delaware, Miami, Kaskaskia, Potawatomi und Chickamauga Cherokee sowie die Huronen angehörten. Anführer des Bündnisses waren die beiden Häuptlinge Little Turtle alias Michikinikwa von den Miami und Blue Jacket alias Weyapiersenwah, ein Shawnee. Das Ziel der Ureinwohner, welche die Rückendeckung der Briten genossen, bestand darin, das weitere Vordringen weißer Siedler zu verhindern, obwohl sie der Landnahme in zwei unlängst zuvor abgeschlossenen Verträgen zugestimmt hatten.

Deshalb entsandte der erboste Gouverneur des Nordwest-Territoriums, Major General Arthur St. Clair, 1.500 Milizionäre unter Brigadegeneral Josiah Harmar in den Kampf gegen die wortbrüchigen Indianer. Allerdings wurde dieses Truppenkontingent im Oktober 1790 am Maumee River geschlagen. Hieraufhin entschloß sich St. Clair, höchstpersönlich in Aktion zu treten und den Insurgenten mit weiteren 2.000 Mann zu Leibe zu rücken. Doch auch seine Streitmacht war schlecht ausgebildet und ausgerüstet. Deswegen brauchte sie schon ewig, um überhaupt die Siedlungsgebiete des Gegners am Wabash River zu erreichen. Außerdem verschwanden 600 der Rekrutierten auf dem Anmarsch, während St. Clair einen Gichtanfall nach dem anderen bekam und dadurch die Kontrolle über die Situation verlor. 

Die Konsequenz hieraus war die größte Niederlage, die US-Truppen jemals gegen Indianer erlitten: Als diese am Morgen des 4. November 1791 angriffen, kostete das über 600 Milizionäre und Offiziere das Leben; zudem massakrierten die Stammeskrieger noch Dutzende Frauen, die den Troß begleitet hatten.

George Washington reagierte auf das Debakel, indem er St. Clair zum Austritt aus der Armee nötigte. Danach befahl der Präsident dem charismatischen Generalmajor „Mad Anthony“ Wayne, eine neue, professionellere Truppe für den Kampf gegen die amerikanischen Ureinwohner aufzustellen, die Legion of the United States. Diese siegte dann am 20. August 1794 in der Entscheidungsschlacht von Fallen Timbers, weil die Indianer bei den Bajonettangriffen des US-Militärs in Panik gerieten. Anschließend waren ihre Anführer bereit, den Vertrag von Greenville zu unterzeichnen, in dem sie den Vereinigten Staaten große Teile des Nordwest-Territoriums überließen.