© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 46/16 / 11. November 2016

Für die Ausländermaut müssen die Deutschen bitter bezahlen
Blankoscheck für Konzerne
Jörg Fischer

Rauchen für die Sicherheit, Rasen für die Rente – so geißelte der damalige FDP-Chef Guido Westerwelle vor 15 Jahren die rot-grüne Steuererhöhungsorgie. Und nach der Bundestagswahl 2017 droht nun: Autobahnmaut für internationale Investoren. Türöffner hierfür ist ausgerechnet Alexander Dobrindts „Sieg“ im Streit mit der EU-Kommission. Im Normalfall hätte die Ausländermaut eines CSU-Verkehrsministers den Vorwurf „gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“ nach sich gezogen, doch es geht um einen Milliardenmarkt.

Wie das? Nun, die Zinsen sind im Keller. Banken- und Versicherungskonzerne suchen händeringend nach neuen Anlagemöglichkeiten. Und eine Lizenz zum Geldrucken ist die Straßenfinanzierung. Zwar ließe sich das auch mit billigen Staatsanleihen bezahlen, doch privat hört sich besser an – und es locken Monopolrenditen von vier Prozent und mehr, zwangsweise finanziert durch Abgaben, Steuern – und Maut. Natürlich wären hierfür noch ein paar „Reformen“ notwendig, aber eine Jamaika-Koalition hätte damit die geringsten Probleme. Der hundertprozentige Ausgleich über die Kfz-Steuer wird aus „Umweltgründen“ ohnehin nicht stattfinden.

Ob die angekündigten 0,5 Milliarden Euro jährlich nach Abzug der Erhebungskosten überhaupt reinkommen, ist ebenfalls fraglich. Und bald dürfte die „Gerechtigkeitsfrage“ aufkommen: Warum soll ein Familien-Passat genausoviel Maut zahlen wie ein rasender Vertreter, der über 50.000 Kilometer im Jahr abspult? Dann schlägt die Stunde der längst beschlossenen EU-Strategie für eine „emissionsarme Mobilität“. Diese sieht selbstverständlich entfernungsabhängige Straßenbenutzungsgebühren und „interoperable elektronische Mautsysteme“ vor. Neuen Dienstleistern solle dabei der Marktzugang erleichtert werden. Dann reiben sich nicht nur Allianz oder Hochtief, sondern auch Telekom, Vodafone oder O2 die Hände: Über die zwangsweise eCall-SIM-Karte im Auto ließe sich jeder gefahrene Kilometer abrechnen.