© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 48/16 / 25. November 2016

„Der Staat macht sich künstlich dumm“
DNS-Auswertung: Polizeigewerkschafter Rainer Wendt fordert mehr Freiräume für Ermittler
Martina Meckelein

Herr Wendt, der Paragraph 81g der Strafprozeßordnung soll DNS-Daten des Bürgers schützen. Was meint die Deutsche Polizeigewerkschaft dazu?

Wendt: Der Eindruck entsteht doch in den letzten Tagen, daß der Gesetzgeber sich fragt, wie kann man den Bürger vor neugierigen Ermittlern und dem Strafvollzug schützen. Dabei geht es uns darum, die Schutzlücke zu schließen, Opfer zu schützen und weitere Opfer zu vermeiden.

Wie stehen Sie zur vollständigen Analyse der DNS, wenn es um die Aufklärung von Straftaten geht?

Wendt: Wir sind dafür, daß man sorgfältig mit Fachleuten analysiert, wie man aufgrund des Voranschreitens der Wissenschaft deren Erkenntnisse und weitere neue Möglichkeiten der Auswertungsergebnisse im Interesse der Opfer einsetzt.

Das Auslesen der DNS auf weitere Merkmale ist besser als Massengentests?

Wendt: Die DNS-Auswertung ist doch die Entlastung der Unverdächtigen. Durch die Anwendung der neuen Analyseverfahren schützen wir die Grundwerte der Unverdächtigen, da wir bestimmte Gruppen von vornherein ausschließen können. Wir müssen dann doch nicht mehr Hunderte von Menschen zum Gentest bitten.

Ist die Möglichkeit des Auswertens auf weitere DNS-Merkmale auch Opferschutz?

Wendt: Es geht uns darum, den Täter schnell zu identifizieren und festzunehmen. Die Geschwindigkeit der erfolgreichen Ermittlungen ist selbstverständlich Opferschutz.

Wie diskutieren Polizisten den Paragraphen?

Wendt: Ein normaler Schutzmann beschäftigt sich nicht mit der Frage, wie er persönlich zu dem Auslesen der DNS steht. Ein Ermittler, der Tötungsdelikte bearbeitet, aber natürlich schon. Die sagen: Der Staat macht sich künstlich dumm!

Verstehen Sie das Sträuben gegen eine Ausweitung der DNS-Analyse?

Wendt: Ich schätze mal, daß es nur ganz, ganz wenige Tötungsfälle in Deutschland gibt, in denen eine schnelle Auslesung der DNS auf Alter, Ethnie und so weiter wichtig ist. Um so unnützer ist hier die Beschränkung des Staates.






Rainer Wendt ist Hauptkommissar und seit 2007 Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft.

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