© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 48/16 / 25. November 2016

Knapp daneben
Haltet Kinder von Gewalttätern fern!
Karl Heinzen

Nach ihrer ersten urkundlichen Erwähnung im Jahr 1166, Kaiser Friedrich I. Barbarossa plante gerade seinen vierten Italienzug, war es der westfälischen Ortschaft Borgeln lange Zeit nicht vergönnt, Weltgeschichte zu schreiben. Dies änderte sich erst, als die Gemeinde, so berichtet es eine ihren Namen tragende Netzseite, im 19. Jahrhundert mit dem Bau einer Eisenbahnlinie und der dazugehörigen Haltestelle „zu einem zentralen Punkt zwischen Soest, Hamm und Dortmund“ wurde. Seither verstrichen weitere 150 Jahre, bis sich wieder etwas ereignete. Aus heiterem Himmel fiel die Bundeswehr mit einem Manöver in der Region ein und nahm Borgelns Schützenhalle als Gefechtsstand in Beschlag.

Wahrscheinlich hatten die Militärs aus ihrem Kartenmaterial geschlossen, daß die Gegend wohl unbewohnt wäre. Nun jedoch mußten sie plötzlich im Umgang mit der Zivilbevölkerung ihre geballte interkulturelle Kompetenz unter Beweis stellen.

Es ist schlimm, daß es Soldaten gibt, und noch schlimmer, daß Menschen freiwillig diesen Beruf ergreifen.

Die Bewährungsprobe scheint nicht erfolgreich gewesen zu sein. Kita-Leiterin Kornelia Peters weiß zu erzählen, daß ein Jeep auf der Straße Richtung Bahnhof auf Vorschulkinder zugefahren sei, obwohl die Erzieherinnen „gut sichtbar“ gewesen wären. Über diese dramatische Lageentwicklung hinaus kann nicht ausgeschlossen werden, daß die Kleinen durch den Anblick von Soldaten mit umgehängten Maschinenpistolen traumatisiert wurden. Ihre Eltern sind vorsorglich schon einmal „stinksauer“. Die Bundeswehr ist um Deeskalation bemüht. Hauptmann Thomas Roche erklärte, daß man Verständnis für die Kritik habe und kündigte an, im Falle einer neuerlichen Übung ein anderes Quartier zu wählen. Einfühlsam klingende Worte sind aber nicht genug. Es ist schlimm, daß es Soldaten gibt, und noch schlimmer, daß Menschen freiwillig diesen Beruf ergreifen, der von ihnen die Bereitschaft verlangt, andere Menschen zu töten. In Uniformen gesteckt, werden diese latenten Gewalttäter wenigstens kenntlich gemacht. Kindern jedoch ist ihr Anblick zu ersparen. Wenn sie von klein auf die Realität, wie sie ist, als normal ansehen, werden sie nie für eine Welt, wie sie sein sollte, eintreten.