© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 49/16 / 02. Dezember 2016

Frisch gepresst

Preußenland. Mit ihrer föderalen Gliederung schien sich die Bonner Republik 1949 bewußt nicht nur vom extremen NS-Zentralismus, sondern auch von der langen zentralistischen Tradition der preußischen Monarchie absetzen zu wollen. Tatsächlich dürften aber Preußens Provinzen größere Eigenständigkeit genossen haben als heute die von Berlin und Brüssel gegängelten Bundesländer. Ein Eindruck, den eine Aufsatzsammlung zum Thema „Polyzentrik im Zentralstaat“ zumindest für die am weitesten von Berlin entfernten Provinzen West- und Ostpreußen bestätigt. In der Reihe der Tagungsberichte der Historischen Kommission für ost- und westpreußische Landesforschung erschienen, präsentiert der Band die Referate eines Berliner Symposiums, die sich dem Spannungsverhältnis zwischen der Mitte und der Peripherie des preußischen Staatswesens widmen. Behandelt werden Administration, Wirtschafts- und Infrastruktur, wobei die Interessensvertretung durch den Verband Ostdeutscher Industrieller vor 1914 einen Schwerpunkt bildet. Ferner das Preußenland als „Residenzlandschaft“ der Berliner Regenten, die regionalen Besonderheiten des „Kulturkampfes“ im konfessionell gemischten Osten sowie die eigentümlichen Wissenskulturen der jungen TH Danzig (1904) und der alten Universität Königsberg (1544). (dg)

Bernhart Jähnig u. a. (Hrsg.): Preußenland und Preußen. Polyzentrik im Zentralstaat 1525–1945. Fibre Verlag, Osnabrück 2016, gebunden, 533 Seiten, Abbildungen, 58 Euro





Luther und Polen. Die Lehren Luthers fanden im 16. Jahrhundert auch in Polen ihre Anhänger, zumeist im Adel oder dem spärlich vorhandenen Bürgertum in den Städten. Diese zuerst geduldete Erscheinung wurde spätestens mit der Gegenreformation unter Stephan Báthory im Kernbereich Polens weggefegt, Ausnahmen gab es allenfalls im „Preußen Königlichen Anteils“. Lutheraner besiedelten zudem später als Glaubensflüchtlinge die Grenzregion zu Schlesien. Das Jahrbuch Weichsel-Warthe 2017 erinnert in der Aufmachung an diese Folgen der Reformation. Die Aufsätze widmen sich hingegen eher Phänomenen des 20. Jahrhunderts. Neben einer ausführlichen Würdigung des vor hundert Jahren geborenen Osteuropahistorikers Gotthold Rhode ist besonders eine kritische Analyse der Deutsch-Polnischen Schulbuchkommision hervorzuheben. (bä)

Landsmannschaft Weichsel-Warthe: Weichsel-Warthe 2017. 500 Jahre Reformation in Polen-Litauen. Glaubensflüchtlinge in Polen. Wiesbaden 2016, broschiert, 176 Seiten, 10 Euro