© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 50/16 / 09. Dezember 2016

„Glücklich über den Konsens“
Vlaams Belang: Führende Parteimitglieder sorgen mit ihrem Auftritt bei der „Goldenen Morgenröte“ für Unmut und erhalten Rüge
Mina Buts

Die Einheit der Partei sei wiederhergestellt, verkündeten am Wochenende der Parteivorsitzende des Vlaams Belang (VB), Tom Van Grieken, und der Abgeordnete im belgischen Parlament, Filip Dewinter, gemeinsam vor der Presse. Heftigen Streit hatte es gegeben, als Dewinter vor zwei Wochen gemeinsam mit Anke Van dermeersch in Griechenland vor der rechtsextremistischen „Goldenen Morgenröte“ gesprochen hatten. Sie hätten dazu keine Erlaubnis gehabt, so die Parteiführung, der Vlaams Belang wolle auch nichts mit der „Goldenen Morgenröte“ zu tun haben. 

Für ihr Verhalten wurden Dewinter und Van dermeersch gemeinsam mit dem Mitgereisten Jan Penris und Frank Creyelmann öffentlich gerügt, alle nicht genehmigten Auslandskontakte wurden ihnen für die Zukunft untersagt, Van dermeersch außerdem aus dem Parteivorstand und von ihrem Amt als Senatorin entfernt. 

Gegen diese Entscheidung hatten Dewinter und Van dermeersch den Parteirat, die höchste Instanz der Partei, angerufen, der am Wochenende die Sanktionen des Parteivorstands bestätigte. Nach einem „offenherzigen, aber kollegialen Gedankenaustausch“ akzeptierten dieses ihre Strafen, allein die Enthebung aus dem Senatorenamt wurde aus juristischen Gründen widerrufen.

Kaum jemand hätte dem jungen Führungsteam des Vlaams Belang so viel Mut und Durchsetzungsvermögen zugetraut. Zum ersten Mal in der Geschichte der Partei überhaupt war öffentlich gerügt worden. Anfangs war unklar, ob die Strafen so hingenommen würden. Mit der Tagung des Parteirats sei aber die Sache nun abgeschlossen. Van Grieken erläuterte sein Vorgehen gegenüber der JF so: „Eine Partei ist wie eine Fußballmannschaft. In der Umkleide fallen schon mal harte Worte, aber auf dem Platz muß getroffen werden.“ Auch Dewinter bekannte reumütig, er habe keinen Schaden für seine Partei gewollt und sei „glücklich über den Konsens“.

Vlaams Belang plötzlich in aller Munde

Dem Vlaams Belang, in Belgien sonst totgeschwiegen, hat die Angelegenheit ungeahnte Öffentlichkeit beschert. Seine Zustimmung unter den Wählern wächst: Laut Umfragen könnte die Partei mit 12,3 Prozent aller Stimmen – und damit doppelt so vielen wie beim letzten Urnengang – rechnen. Selbst der „Cordon Sanitaire“, der seit fast dreißig Jahren wie ein Fluch über der Partei liegt, könnte kippen, nachdem sogar der Staatssekretär für Asyl und Migration, Theo Francken (N-VA) eine Koalition zwischen N-VA und VB in Antwerpen für „theoretisch möglich“ hält. Wenn 2018 der Gemeinderat gewählt wird, werden Dewinter, Van dermeersch und Penris in dieser Stadt eine wichtige Rolle spielen.  

Für den Vlaams Belang war das Schließen der Reihen auch Richtung Europaparlament ein wichtiges Signal. Mit Gerolf Annemans hat sie einen Abgeordneten in der rechten ENF-Fraktion, die auf keinen Fall gefährdet werden sollte. Auch hierzu erklärte Van Grieken: „Es ist klar, daß wir nichts mit der ‚Goldenen Morgenröte? zu tun haben. Unsere Verbündeten sind die FPÖ, die AfD, die PVV, FN und die Lega Nord.“